Brandenburg an der Havel (epd). Der NS-Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen soll am Montag in Brandenburg an der Havel fortgesetzt werden. Nach Angaben des zuständigen Landgerichts Neuruppin wird abhängig vom Verlauf des Hauptverhandlungstermins der Abschluss der Beweisaufnahme erwartet. Ob auch die Plädoyers beginnen können, war nach Gerichtsangaben noch offen. Zuvor waren sechs Verhandlungstermine im April und Mai wegen einer Erkrankung des 101-jährigen Angeklagten aufgehoben worden. (Az.: 11 Ks 4/21)
Die Staatsanwaltschaft wirft Josef S. Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in mehr als 3.500 Fällen vor. Der Angeklagte war den Ermittlungen zufolge in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 SS-Wachmann in Sachsenhausen. Der in Litauen geborene Baltendeutsche, der nach dem Zweitem Weltkrieg und sowjetischer Kriegsgefangenschaft in der DDR lebte, bestreitet dies. Zahlreiche Unterlagen sprechen jedoch dafür.
Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.
Der Prozess hat Anfang Oktober vergangenen Jahres begonnen. Er findet nicht in Neuruppin, sondern in der Nähe des Wohnortes des Angeklagten in Brandenburg an der Havel statt, weil Josef S. laut Gutachter nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig ist. An dem Verfahren sind auch mehrere Überlebende des KZ Sachsenhausen als Nebenkläger beteiligt.