Berlin (epd). Erzieherinnen und Erzieher in den östlichen Bundesländern betreuen im Schnitt mehr Kinder gleichzeitig als ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen. Eine pädagogische Fachkraft in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ist durchschnittlich für insgesamt fünf Kinder unter drei Jahren und somit für zwei Kinder mehr zuständig als in den übrigen Bundesländern, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Auch in Kindergartengruppen von Kindern ab drei Jahren liegt der Personalschlüssel in den neuen Bundesländern über dem der alten Bundesländer.
Besonders viele Kinder betreuten demnach Erzieherinnen und Erzieher in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Fachkraft ist hier für durchschnittlich 5,6 Kinder unter drei Jahren zuständig, im Alter von über drei Jahren sind es im Schnitt 12 Kinder pro Erzieherin oder Erzieher. Damit liegt das Bundesland weit über dem Bundesschnitt. Dieser liegt bei Kindern unter drei Jahren bei 3,8 Kindern, bei Kindern über drei Jahren bei 8,1.
Darüber hinaus geht aus der Anfrage hervor, dass Beschäftigte der Berufsgruppe „Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege“ häufiger als andere Beschäftigte bei der Arbeit unter schlechter Körperhaltung und Lärm leiden. So müssen 36 Prozent der Fachkräfte häufig gebückt, knieend oder über Kopf tätig sein. In anderen Berufen sind es im Schnitt nur 16 Prozent. 54 Prozent der Beschäftigten müssen häufig unter Lärm arbeiten, während es in allen anderen Berufen im Schnitt nur 28 Prozent sind. Darüber hinaus erlebt jede vierte Erzieherin häufig Situationen, die gefühlsmäßig belasteten, mehr als doppelt so viel wie bei den anderen Berufen. Die Angaben, über die zunächst die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwoch) berichtet hatte, beruhen unter anderem auf Daten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz.
Auch aus diesen Gründen seien die Anforderungen an Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung sehr hoch, erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort. Die Anforderungen hätten in den vergangenen Jahren außerdem weiter zugenommen. Jedoch könne der hohe Fachkräftebedarf vielerorts nicht gedeckt werden, heißt es. Von diesen Personalengpässen seien neben Erzieherinnen und Erziehern vor allem auch Angestellte in der Heilerziehungspflege und Sonderpädagogik betroffen.
„Viele Beschäftigte in den Sozial- und Erziehungsberufen arbeiten schon seit Jahren am Limit“, kritisierte der Linken-Politiker Pascal Meiser: „Wenn wir dem Personalmangel in den Sozial- und Erziehungsberufen wirksam begegnen wollen, ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen dringend erforderlich.“
Die Gewerkschaft ver.di habe für diese Woche zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. Sie fordere unter anderem, dass die gut 300.000 kommunalen Erzieher und Sozialarbeiter besser bezahlt werden. Laut der Antwort der Bundesregierung leisten alle Beschäftigen dieser Berufe zusammen über 16 Millionen Überstunden im Jahr, etwa die Hälfte davon unbezahlt. Insgesamt waren im Juni 2021 rund 1.749.000 Menschen in der Berufsgruppe Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege beschäftigt.