Worms (epd). Die Beschäftigung mit unauflöslichen Konflikten, Krieg und Frieden und einer nicht mehr zu stoppenden Gewaltspirale macht die Nibelungen-Festspiele 2022 noch aktueller als sonst. Das diesjährige Stück „hildensaga. ein königinnendrama“ handele nicht nur von der Auseinandersetzung zweier Frauen, sagte Festspielintendant Nico Hofmann am Mittwoch in Worms bei der Vorstellung des Ensembles. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine habe die Aufführung mehr denn je mit dem aktuellen Weltgeschehen zu tun.
In seiner ursprünglich für 2020 geplanten Neuinszenierung der Nibelungen-Sage, die wegen der Coronavirus-Pandemie verschoben werden musste, rückt der österreichische Autor Ferdinand Schmalz die beiden Königinnen Brünhild und Kriemhild in den Mittelpunkt. Gespielt werden die beiden Hauptrollen von Genija Rykova und Gina Haller. Des weiteren stehen unter anderen Joshua Seelenbinder als Giselher, Olaf Johannessen als Hagen und Werner Wölbern als Wotan auf der Bühne. In einer Filmsequenz wird auch Mario Adorf in einer Rolle als „mythische Riesin Angrboda“ zu sehen sein.
„Es geht um Bünde, um Machtgeflechte und Loyalität“, berichtete Schmalz in Worms über sein Stück. Es sei ein erschreckender Moment gewesen, zu erleben, dass die Realität den Stoff seines Theaterstücks gerade nachahme.
Auch Intendant Hofmann sagte, die Festspiele bezweckten nicht nur, dass sich das Publikum einen schönen Abend mache. Schon in den vergangenen Jahren sei es so gewesen, dass sich die Besucher sehr mit den Inhalten beschäftigt hätten. Von einer „Wohlfühloase“ sei man 2022 „weiter entfernt denn je“.
Die Festspielmacher kündigten zugleich an, für die Vorstellungen auf der Freilichtbühne am Wormser Dom vom 15. bis 31. Juli werde das spektakulärste Bühnenbild in der Geschichte der Festspiele entstehen. Geplant ist eine Wasserlandschaft, die nacheinander die Wildnis Islands, eine behagliche Poollandschaft und zum Schluss ein düsteres Moor darstellen soll.
„Gewisse Auftritte in diesem Bühnenbild werden unter Wasser sein“, kündigte Regisseur Roger Vontobel an. Daher werde es zu Beginn der Arbeit mit dem zwölfköpfigen Ensemble neben den üblichen Leseproben ab Ende Mai auch Tauchunterricht für einige Schauspieler geben.
Die bereits in den 1930er Jahren begründeten Festspiele in Worms wurden ab 2002 durch jährliche Neuinszenierungen der Nibelungensage wiederbelebt. Direkt am romanischen Wormser Dom ist mit dem Streit zwischen den Königinnen Brünhild und Kriemhild auch eine Schlüsselszene des mittelalterlichen Nibelungenliedes verortet.
Nach der coronabedingten Zwangspause 2020 wurde im vergangenen Jahr ausnahmsweise ein Drama über den Reformator Martin Luther (1483-1546) aufgeführt. Anlass war der 500. Jahrestag des Wormser Reichstags, auf dem Luther sich geweigert hatte, seine Lehre zu widerrufen.