Potsdamer OB: Diskussion um Garnisonkirchturm versachlichen

Potsdamer OB: Diskussion um Garnisonkirchturm versachlichen

Potsdam (epd). Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hat eine Versachlichung der Debatte um den Neubau des Garnisonkirchturms und das benachbarte Rechenzentrum gefordert. Bislang hätten die Konfliktparteien die Auseinandersetzung als erbitterten Streit geführt, sagte er am Donnerstagabend in Potsdam bei einer Podiumsdiskussion über ein mögliches „Haus der Demokratie“ zwischen den beiden Gebäuden.

Vertreter der Stadtverordnetenversammlung, der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche und des benachbarten Rechenzentrums hatten im Dezember einen Kompromissvorschlag für ein „Haus der Demokratie“ vorgelegt. Dieses soll am Ort des ehemaligen Kirchenschiffs der 1945 bei einem Bombenangriff ausgebrannten Garnisonkirche entstehen. Darin könnten ein Plenarsaal für die Stadtverordnetenversammlung und Räumlichkeiten für das Stadtmuseum entstehen.

Die polnische Historikerin Agnieszka Pufelska kritisierte die Pläne. Eine Stadt wie Potsdam müsse „geteilte Erinnerungen und Brüche“ aushalten, sagte die Kulturwissenschaftlerin. Der Garnisonkirchturm und das Rechenzentrum aus der Zeit der DDR stünden symbolhaft für „Geschichtsverfälschungen“. Die Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, Miriam Rürup, nannte es bemerkenswert, dass ein Gebäude, das sinnbildlich für den „Tag von Potsdam“ 1933 stehe, wiederaufgebaut werde.

Die evangelische Garnisonkirche war 1735 mit der Vollendung des fast 90 Meter hohen Turms fertiggestellt worden. Am „Tag von Potsdam“ nutzten die Nationalsozialisten 1933 die Kirche zur Inszenierung der Eröffnung des neuen Reichstags, Hitler hielt dort eine Rede. 1945 brannte die Kirche nach einem Luftangriff aus. Ein Raum im Turm wurde weiter als Kapelle genutzt. Die Ruine wurde abgerissen, der Turm 1968 gesprengt. Die Gemeinde erhielt eine Entschädigung.

2005 wurde der Grundstein für den neuen Turm gelegt, 2008 eine kirchliche Trägerstiftung gegründet. Die Bauarbeiten begannen 2017. Der Turmbau ist vor allem wegen der Geschichte der preußischen Militärkirche umstritten. Die evangelische Kirche will den neuen Turm für Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen.