Brüssel, Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Voraussetzungen geklärt, unter denen ein EU-Land an der Grenze zu einem anderen EU-Land Grenzkontrollen durchführen darf. Mit dem Urteil vom Dienstag stärkte der EuGH in Luxemburg einem Bürger den Rücken, der 2019 zwei Mal an Österreichs Grenze zu Slowenien kontrolliert wurde. Er weigerte sich, seinen Pass vorzuzeigen und wurde zu 36 Euro Geldbuße verurteilt. (AZ: C-368/20 und C-369/20)
Der Mann meinte, die Kontrollen verstießen gegen den Schengener Grenzkodex. Der EuGH erklärte nun, dass ein EU-Land dem Kodex zufolge Kontrollen an EU-Binnengrenzen für höchstens sechs Monate einführen könne. Voraussetzung dafür sei eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit. Daneben könne der Rat der EU bei außergewöhnlichen Umständen, die das Funktionieren des Schengen-Raums gefährdeten, einem oder mehreren EU-Staaten Kontrollen von bis zu zwei Jahren Dauer empfehlen.
Nach Ablauf der Fristen könne ein Land jeweils neu Kontrollen für bis zu sechs Monaten einführen, so der EuGH. Dafür müsse aber eine neue ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegen, die sich von der vorherigen unterscheide.
Österreich hatte im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise seit 2015 Kontrollen an seinen Grenzen zu Ungarn und Slowenien mehrfach wiedereingeführt. Es stützte sich dabei von Mai 2016 bis November 2017 auf Empfehlungen des Rates, danach aber führte es sie mehrfach auf eigenen Initiative wieder ein.
Bei den Verlängerungen auf eigene Initiative scheine Österreich nicht nachgewiesen zu haben, so der EuGH, dass eine neue Bedrohung vorliege. Damit wären die beiden Kontrollen des Mannes an der Grenze zu Slowenien unionsrechtswidrig. Dies müsse Österreichs Justiz nun prüfen.