Düsseldorf (epd). Die Autorin und Journalistin Alice Hasters kritisiert den gesellschaftlichen Umgang mit Rassismus in Deutschland. „Deutschlands Erzählung über sich selbst ist, dass nach dem Zweiten Weltkrieg eine Art große Läuterung eingesetzt ist und in dem Zuge eine umfassende Aufarbeitung über den Rassismus in diesem Land einherging“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Das stimmt so aber nicht, denn wenn man mal fragt, wann genau das stattgefunden haben soll, wissen die meisten keine Antwort.“
Diese Erzählung führe aber dazu, dass vieles verdrängt und verharmlost werde. „Opfer rassistischer Gewalt werden deshalb oft nicht ernstgenommen“, kritisierte Hasters, die 2019 das Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ veröffentlicht hatte. „Wir müssen verstehen, dass die Auseinandersetzung mit Rassismus keine ist, die wir zu einem fixen Zeitpunkt als abgeschlossen betrachten können.“ Dazu sei er historisch viel zu lange gewachsen.
„Außerdem setzen viele Menschen Rassismus mit Rechtsradikalismus gleich“, betonte die Kölnerin. Rassismus sei aber nicht nur erst dann gefährlich oder beachtenswert, wenn er in radikaler Form auftrete. Viele Menschen würden diesen nicht-radikalen Rassismus allerdings nicht verstehen und erkennen.
Wenn sie Menschen mit deren Rassismus konfrontiere, wiege in deren Wahrnehmung der Rassismusvorwurf meist schwerer. „Ich bin also in der Regel diejenige, die als aggressiv oder überempfindlich wahrgenommen wird und oft wird von mir eine Entschuldigung erwartet, dafür das Thema überhaupt angesprochen zu haben“, sagte Hasters. „Das Ergebnis ist, dass ich an meiner eigenen Wahrnehmung zweifle und das wiederum führt zu starken Selbstzweifeln.“
„Durch Relativierungen oder Verweigerung, sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen, bekomme ich das Signal, auf mich allein gestellt zu sein“, erklärte die Journalistin und Autorin. Wenn eine Gesellschaft nicht imstande sei, Rassismus zu erkennen, sei sie auch nicht imstande, Betroffene davor zu schützen.