Hamburg (epd). Der Moskauer Patriarch Kyrill I. gerät wegen seiner einseitig prorussischen Haltung mit Blick auf den Ukraine-Krieg in der orthodoxen Kirche weiter unter Druck. „Seit Kriegsbeginn sind wir wütend auf Kyrill. Kein Wort hat er zugunsten der Ukrainer verloren“, heißt es in einem Gastbeitrag des Metropoliten und Militärbischofs Augustin Markewytsch von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Vor dem Krieg habe Kyrill die Ukrainer als seine Herde bezeichnet. Doch jetzt trete er „als Patriarch der Russen auf“. Kyrill müsste zumindest tun, was der Papst tut: „um Frieden bitten. Stattdessen unterstützt er den Krieg.“
Die Ukrainische Orthodoxe Kirche ist mit mehr als 12.000 Gemeinden die größte Kirche des Landes und gehört formell zu Moskau, unterstehe also dem Patriarchen Kyrill, fügte Metropolit Augustin hinzu: „Unser oberster Geistlicher in der Ukraine ist jedoch der Metropolit Onufri, der sich klar vom Krieg distanziert hat - und auch von Kyrill.“ Trotzdem werde seine Kirche jetzt verleumdet: „Wir würden russische Agenten, ja sogar Waffen in unseren Kathedralen verstecken. Das ist bitter!“
Dass Patriarch Kyrill am 3. April eine Liturgie in der Militärkirche bei Moskau feierte, sei der „Sargnagel für die Beziehungen zwischen unserer Kirche und den russischen Orthodoxen“ gewesen, so Augustin. Zum bevorstehenden orthodoxen Osterfest am kommenden Wochenende sagte Augustin: „Ich mache anderen Mut, indem ich sage: Ohne das Leiden am Kreuz gibt es keine Erlösung. Als Christen bereiten wir uns auf das Leben nach dem Tod vor, indem wir anderen beistehen. Als Verteidiger unserer Heimat können wir das himmlische Jerusalem erringen“.
Erzbischof Jewstratij Sorja von der von Moskau unabhängigen Orthodoxen Kirche der Ukraine erklärte in der „Zeit“: „Einige demokratische Staaten verstehen immer noch nicht, dass Putin die Welt zurück in die Zeit nach 1945 versetzen will, eine Zeit der Teilung. Dafür zerstört er die Ukraine und verbrennt Russlands Zukunft.“ Wo russische Macht sei, gebe es keine Religionsfreiheit, „vor allem nicht für meine Orthodoxe Kirche der Ukraine, die dem Kiewer Metropoliten Epiphanij untersteht und vom Kreml als feindliche Institution angesehen wird.“
Priester seines Bistums seien während der Besatzung von Russen verhört und eingeschüchtert worden, so Erzbischof Jewstratij. Andernorts würden Priester gefoltert oder getötet, Kirchen zerstört - so alle Kirchen in Mariupol. Auch seine Kathedrale in Tschernihiw sei beschädigt worden. Und eine Kirche des Moskauer Patriarchats am Rande der Stadt sei völlig ausgebrannt: „Menschen versteckten sich dort, aber die Russen schossen auf die Kirche, und sie fing Feuer.“