Leitende Geistliche beider christlicher Konfessionen haben vor Beginn des Osterfests zu Frieden und Gewaltverzicht aufgerufen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, forderte eine österliche Waffenruhe für die Ukraine. Er unterstütze den Vorschlag von Papst Franziskus, sagte der Limburger Bischof dem Evangelischen Pressedienst. Christ:innen in aller Welt feiern am Sonntag das Fest der Auferstehung Jesu Christi nach seinem Leiden und Sterben am Kreuz.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, betonte die Gültigkeit der Osterbotschaft trotz Krieg und Gewalt. "Wir werden die Botschaft von der Auferstehung des gefolterten und getöteten Gottessohnes Jesus Christus laut werden lassen - gegen die dumpfen Parolen des Angriffskrieges", sagte die westfälische Präses laut Mitteilung in Hannover.
Im Interview mit dem Bremer "Weser Kurier" mahnte die Theologin zudem eine Weiterentwicklung der christlichen Friedensethik an. "Frieden schaffen ohne Waffen scheitert derzeit an einem Aggressor, der sich an keine internationalen Regeln hält und mit dem ein Vertrauensaufbau nicht möglich ist", sagte Kurschus. "Dies werden wir redlicherweise in die evangelische Friedensethik integrieren müssen." Schon immer sei in der christlichen Friedensethik die Waffengewalt als allerletztes Mittel zur Verteidigung von Leben und Freiheit vorgesehen, betonte sie.
Kurschus sieht sich in einem Dilemma
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Bätzing unterstrich, Frieden zu suchen und zu unterstützen, sei die Aufgabe aller Christen. Er sei dankbar, dass es Gruppen in der Kirche gebe, die nicht müde würden zu sagen, dass Waffen die Gewalt verschärften. Trotzdem ringe sich die Kirche zu der Position durch, wo ungerecht angegriffen werde, müsse man Unterstützung leisten - manchmal auch mit Waffen. "Das ist die Ultima Ratio, aber das ist zugleich unser Dilemma."
Die Menschen in der Ukraine, deren Häuser und Städte zerbombt würden, bräuchten Hilfe, um sich zu verteidigen - auch Waffen, betonte auch Kurschus. "Mich persönlich stürzt das in ein echtes Dilemma: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Waffengewalt keinen Frieden schaffen kann", sagte sie.
EKD-Beauftragter: Nur Frieden ohne Waffen
Der Friedensbeauftragte der EKD, Friedrich Kramer, sprach sich hingegen erneut gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Im ARD-"Morgenmagazin" warnte der mitteldeutsche Bischof sieben Wochen nach dem russischen Angriff vor einer weiteren Eskalation des Krieges. "Wir können jetzt nur Frieden schaffen ohne Waffen", sagte er. Dabei gehe es nicht um das "selbstverständliche Recht" der Ukraine auf Verteidigung. Es gehe um die Länder der Nato und der EU, "dass wir nicht in diesen Krieg kommen", sagte der Theologe unter Verweis auf die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen.
Der grausame Krieg in der Ukraine und an anderen Orten töte Tausende von Unschuldigen, beklagte der geschäftsführende Generalsekretär des Weltkirchenrates, Ioan Sauca, in seiner in Genf verbreiteten Osterbotschaft. Der Krieg bringe alle Sorten von Gräueltaten hervor und zerstöre alles, was ihm im Weg stehe. Er vervielfache zudem die Zahl von Vertriebenen und Flüchtlingen. Der 1948 gegründete Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von 352 Kirchen aus mehr als 120 Ländern.
Lutherischer Weltbund warnt vor Resignation
Der Lutherische Weltbund (LWB) warnte in seiner Karfreitagsbotschaft vor Resignation und Mutlosigkeit in Zeiten des Krieges in Europa. In der Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu werde Gott sichtbar, "der größer ist als unser menschliches Herz", erklärte Pröpstin Astrid Kleist, LWB-Vizepräsidentin der Region Mittel und Westeuropa, von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
Die Karfreitagsbotschaft enthalte auch die Illusion von menschlicher Gerechtigkeit, dass dem Guten Gutes widerfahre und dem Bösen Böses, fügte Kleist hinzu: "Sünder wie Gerechte erleiden das Kreuz. Doch Jesu Tod zwischen den beiden Übeltätern offenbart Gottes Gnade", so die Theologin mit Blick auf die biblische Überlieferung, der zufolge Jesus zwischen zwei Kriminellen am Kreuz hingerichtet wurde.
Karfreitag bringe das Unrecht vor Gott, das ungerechte Töten und das ungerechte Sterben, erklärte Astrid Kleist mit aktuellem Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine: "Das Leiden Jesu und das Leiden der Menschen wird eins. Passionsgeschichten allerorten - und mitten darin der Gott der Gnade." Jesus schreie nicht: "Schaffe mir Recht!" Stattdessen: "Vater, vergib, denn sie wissen nicht, was sie tun." Am Ende rufe Gott aus dem Dunkel des Todesschattens zu neuem Leben.