Berlin (epd). Nach dem Scheitern der gesetzlichen Impfpflicht im Bundestag fordern Ärztevertreter stärkere Anstrengungen zur Steigerung der Impfquote. „Das Ziel einer höheren Impfquote dürfen wir nicht aus den Augen verlieren“, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Deutschland brauche eine deutlich höhere Impfquote, gerade unter den Älteren, um für eine wahrscheinliche neue Infektionswelle im Herbst besser gewappnet zu sein.
Ein zuletzt zwischen Abgeordneten der Ampel-Koalition gefundener Kompromiss für eine Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren scheiterte am Donnerstag im Bundestag. „Das Ergebnis der Abstimmung ist ernüchternd“, sagte Johna. Es sei „frustrierend“, dass mit der Entscheidung des Bundestags gegen eine Impfpflicht das Problem auf die Schultern derjenigen verlagert werde, die in der Patientenversorgung arbeiteten. „Denn am Ende sind es Ärztinnen, Ärzte und Pflegende, die dann mit den zusätzlichen Belastungen durch eine erhöhte Krankheitslast zurechtkommen müssen“, beklagte sie.
Die Marburger Bund-Vorsitzende forderte eine neue Impfkampagne. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung jetzt alle Anstrengungen unternimmt, eine echte Medienkampagne zu initiieren und damit gleichzeitig die Impfaufklärung und Beratung verstärkt“, erklärte Johna.
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, nannte die Entscheidung des Bundestages gegen eine allgemeine Corona-Impfpflicht „verantwortungslos“. „Es ist ein Staatsversagen“, sagte er den Funke-Zeitungen (Freitag). Denn wenn im Herbst wieder eine ansteckende Variante komme, würden erneut Maßnahmen verhängt, die vor allem zu Lasten der Kinder gingen. „Die Jüngsten werden erneut die Leidtragenden sein“, kritisierte Fischbach.
Bei der Abstimmung im Bundestag am Donnerstag hatte es keine Mehrheit für eine Ausweitung der Impfpflicht gegeben. Der Gesetzentwurf, der für alle Menschen ab 60 Jahren gelten sollte und den Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP als Kompromiss eingebracht hatten, wurde mehrheitlich abgelehnt. Eine Corona-Impfpflicht besteht seit Mitte März für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.