Brüssel, Berlin (epd). Der Menschenrechtsexperte Michael Windfuhr hat den Risikoansatz im geplanten EU-Lieferkettengesetz kritisiert. Der Gesetzentwurf orientiere sich statt an der Schwere des Risikos an der Nähe der Handelspartnern zum Unternehmen, sagte der stellvertretende Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte am Donnerstag bei einer Online-Veranstaltung von Deutschem Gewerkschaftsbund (DBG) und Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD).
Der Gesetzentwurf, den die EU-Kommission am 23. Februar vorgestellt hatte, ähnele damit dem deutschen Lieferkettengesetz. Demnach müssten sich die Unternehmen sehr aufwändig um ihre direkten Zulieferer kümmern. „Aber die eigentlichen, gravierenden Probleme liegen oft ganz woanders“, sagte Windfuhr, der auch Mitglied der EKD-Kammer für Nachhaltige Entwicklung ist, in der Konferenz von Brüsseler EKD-Büro und DGB-Verbindungsstelle Europapolitik.
Windfuhr empfahl demgegenüber den Ansatz der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese sähen vor, die jeweils größten Risiken zu identifizieren und adressieren. Insgesamt begrüßte der Experte den Gesetzesvorschlag der Kommission.
In der EU tätige Firmen ab bestimmter Größe beziehungsweise Umsatz sollen dem Plan zufolge verpflichtet werden, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt weltweit zu ermitteln, zu vermeiden, abzustellen oder zu verringern. Dafür müssten sie umfassende Strategien entwickeln und wären auch zivilrechtlich haftbar.
Unterdessen erklärte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bei einem Besuch in Brüssel, die Substanz des Entwurfs müsse im Gesetzesverfahren unbedingt erhalten bleiben. Wichtig sei, die Firmen bei der Umsetzung der Regelungen nicht allein zu lassen. „Als Entwicklungsministerin sehe ich meine Aufgabe darin, die Unternehmen fit zu machen, ihre Lieferketten zu verstehen und zu kontrollieren“, so Schulze bei ihrer Antrittsreise in die EU-Hauptstadt.