Berlin (epd). Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert. Die Friedensbewegung werde nur glaubwürdig bleiben, wenn sie anerkenne, „dass es die Schwäche und Uneinigkeit des Westens einerseits sowie die Schutz- und Wehrlosigkeit der Ukraine andererseits waren“, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Angriff ermuntert hätten, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch).
„Dieser bitteren Tatsache darf man nicht mehr ausweichen. Wir brauchen eine selbstkritische Friedenspolitik“, sagte der SPD-Politiker. Angesprochen auf Äußerungen unter anderem der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, die sich kritisch zu Waffenlieferungen an die Ukraine und das geplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zugunsten der Bundeswehr geäußert hatte, sagte der 78-jährige Katholik Thierse: „Mir scheint, das ist ein Pazifismus auf Kosten anderer.“
Losungen bei Friedensdemonstrationen wie „Soldaten sind Mörder“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“ kämen ihm „wie aus der Zeit gefallen und gedankenlos vor“, sagt er und fügte hinzu: „Auf Ukrainer müssen sie geradezu zynisch wirken.“