Düsseldorf (epd). Die Duisburger Loveparade-Katastrophe vom Sommer 2010 ist Gegenstand eines umfassenden Berichts einer Kommission unabhängiger Rechtsexperten geworden. Der Bericht sei aus der Erkenntnis entstanden, „dass komplexe Unglücksereignisse gerichtliche Prozesse an ihre Grenzen führen können“, sagte der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) bei der Vorstellung des Berichts am Montag in Düsseldorf. Die Kommission macht Vorschläge für eine bessere Aufarbeitung und Aufklärung künftiger Großunglücke.
Bei dem Techno-Festival waren am 24. Juli 2010 in Duisburg in einem Gedränge 21 Menschen zu Tode gedrückt und mehr als 650 verletzt worden. Nach zweieinhalb Jahren und 184 Sitzungstagen ging das gerichtliche Verfahren im Mai 2020 ohne ein Urteil zu Ende. „Viele der Opfer haben ihre Enttäuschung über diesen Verfahrensausgang zum Ausdruck gebracht“, sagte Biesenbach. Das Land hatte daraufhin im Herbst 2020 die Kommission mit sieben unabhängigen Rechtsexperten einberufen.
Eine der zentralen Forderungen des Abschlussberichts ist eine gemeinsame Bund-Länder-Einrichtung. Sie soll dem Bevölkerungs- und Katastrophenschutz angegliedert werden und nach dem Vorbild der Bundesstellen für die Untersuchung von Flug-, See- und Eisenbahnunfällen arbeiten. Die neue Einrichtung soll dazu beitragen, dass bei Unglücken nicht nur personenbezogene strafrechtlich relevante Ursachen aufgeklärt werden, sondern auch die Schwachstellen von Sicherungssystemen.
Ein weiterer zentraler Vorschlag der Kommission ist eine bessere Wahrnehmung von Opferbelangen. Dazu soll es künftig nach dem Vorbild der Bundesanwaltschaft bei allen Staatsanwaltschaften sogenannte Opferstaatsanwälte geben - als alleinige Ansprechperson bei der Staatsanwaltschaft für Fragen der Opferbetreuung. Ergänzend sollen nur noch entsprechend sensibilisierte und fortgebildete Polizisten Geschädigte oder Hinterbliebene vernehmen dürfen: „Das ist noch keine Selbstverständlichkeit“, merkte der Vorsitzende der Kommission und frühere Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, Clemens Lückemann, an.
Auch bei der materiellen Entschädigung für Opfer mahnt der Abschlussbericht Verbesserungen an. Künftig soll eine Strafkammer nach dem Vorbild einer österreichischen Regel eine Mindesthöhe an Schadenersatz zusprechen können - unabhängig von einem Urteil oder Teilurteil. „Ob bestimmte Verletzungen wirklich so schwerwiegend waren wie behauptet, kann offenbleiben - aber jedenfalls ist der Betrag x mindestens angemessen und wird deshalb zugesprochen“, beschreibt Lückemann die Regel. Wenn ein Opfer mehr wolle, müsse es den Weg des Zivilrechts beschreiten.