Berlin (epd). Das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) rät bei der Verteilung der Flüchtlinge aus der Ukraine auf die Bundesländer von langfristigen und rigiden Wohnortzuweisungen ab. Es müsse „in Alternativen und unterschiedlichen Szenarien gedacht werden“, heißt es in einer Stellungnahme des Instituts. „Prinzipiell warnen wir davor, Verteilungsschlüssel langfristig anzuwenden und so die Wohnortwahl der Geflüchteten einzuschränken“, sagte die BIM-Forscherin Nihad El-Kayed dem Evangelischen Pressedienst (epd). Untersuchungen nach 2015 hätten gezeigt, dass die staatliche Verteilung und Wohnsitzauflagen die Integrationschancen von Geflüchteten beeinträchtigt haben.
Damals wurden die Geflüchteten überdurchschnittlich oft auf strukturschwache Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten verteilt. Das habe die Jobchancen der Geflüchteten nachhaltig verschlechtert, heißt es in der Stellungnahme der Forscher. Laut Innenministerium sollen alle Ukrainer, die nicht privat bei Verwandten und Freunden unterkommen, vermehrt zentral verteilt werden. Dazu dient der Königsteiner Schlüssel, in den Wirtschaftskraft und Einwohnerzahlen der Länder eingehen.
Auch wenn es oft schwierig sei, in manchen Städten bezahlbare Wohnungen für die Flüchtlinge zu finden, so seien hier die Chancen zur Integration meist deutlich besser als in strukturschwachen Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte. Auch sei das Angebot an Kita-Plätzen, Schulen sowie bei der medizinischen Versorgung und den sozialen Beratungsangeboten deutlich breiter. Gleiches gelte für die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes. Die Investition in höhere Wohnkosten „rechnet sich, wenn die Beschäftigungschancen steigen. Das ist in vielen Regionen der Fall“, so Herbert Brücker, Direktor des BIM.
„Was sich hier abzeichnet, ist ein Zielkonflikt zwischen Bedingungen der kurzfristigen Versorgung mit mittel- und langfristigen Integrationszielen“, erläuterte El-Kayed. Dieses Problem „sollte man nicht durch langfristige Regulierungen des Wohnsitzes verschärfen“. Einschränkungen beim Wohnort hätten zudem noch andere negative Folgen: „Oft ist es hilfreich - für soziale Unterstützung in den ersten Wochen, aber auch in Bezug auf Eingliederung in Schule oder den Zugang zum Arbeitsmarkt - wenn der Ankunftsprozess durch Verwandte und Freunde lokal unterstützt werden kann.“