Kassel, Frankfurt a.M. (epd). Die vierzigtägigen „Gebetsmahnwachen“ von Abtreibungsgegnern in Frankfurt am Main dürfen gegenüber der Beratungsstelle von pro familia stattfinden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies am Freitag die Beschwerde der Stadt Frankfurt gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt zurück (AZ: 2 B 375/22). Das Verwaltungsgericht hatte am 1. März die Verfügung der Stadt auf eine Verlegung der „Gebetsmahnwachen“, die auf der gegenüberliegenden Seite eines Plateaus vor der Beratungsstelle stattfinden, als rechtswidrig bezeichnet (AZ: 5 L 512/22.F).
Die Privatsphäre von schwangeren Ratsuchenden sei durch den Abstand der täglich zwei bis zehn Demonstranten von über 30 Metern zum Eingang von pro familia und die Sichtbehinderungen durch Büsche, Bäume und parkende Autos ausreichend geschützt, begründete das höchste hessische Verwaltungsgericht seine Entscheidung. Gesänge der Mahnwache seien wegen einer Wasserfontäne und des Verkehrslärms vor dem Gebäude von pro familia kaum zu hören.
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit umfasse auch die freie Wahl des Versammlungsortes, führte das Gericht aus. Zwar sei das Interesse von ratsuchenden Frauen an einer Geheimhaltung der bestehenden Frühschwangerschaft und des in Erwägung gezogenen Schwangerschaftsabbruchs schutzwürdig. Das Unbehagen oder die Empörung von Ratsuchenden oder Beraterinnen von pro familia dürfe aber nicht dazu führen, dass die Versammlungsteilnehmer in ihrem Recht auf freie Wahl des Versammlungsorts beschränkt würden. Nur wenn die Demonstranten nahe dem Eingang der Beratungsstelle den Ratsuchenden ins Gesicht sehen könnten, wäre deren Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.