Brandenburg an der Havel (epd). Im NS-Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen steht der Abschluss der Beweisaufnahme bevor. Für den 28. Verhandlungstag am Freitag war unter anderem eine Zeugenaussage des zu Wochenbeginn gestorbenen ehemaligen Häftlings Leon Schwarzbaum angekündigt. Diese sollte von seinem Anwalt verlesen werden. Das Internationale Auschwitz Komitee würdigte die Möglichkeit, die Aussage posthum vortragen zu lassen, als besondere Geste des Gerichts.
Schwarzbaum, der die Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Sachsenhausen sowie zwei Todesmärsche überlebt hatte, starb in der Nacht zu Montag im Alter von 101 Jahren. Am Freitag standen in dem Prozess auch weitere Aussagen historischer Sachverständiger auf der Tagesordnung. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ebenfalls 101-jährigen Angeklagten Josef S. Beihilfe zum Mord in mindestens 3.518 Fällen vor. Den Ermittlungen zufolge war er in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 SS-Wachmann in Sachsenhausen. (Az.: 11 Ks 4/21)
Der Angeklagte bestreitet dies bislang. Bei der Verhandlung am Donnerstag habe Josef S. seine vorherigen Angaben bekräftigt, in der fraglichen Zeit nicht in Sachsenhausen, sondern in Mecklenburg-Vorpommern in der Landwirtschaft gearbeitet zu haben, sagte sein Anwalt Stefan Waterkamp dem Evangelischen Pressedienst (epd). Danach sei er nach eigener Aussage im Zweiten Weltkrieg in Kolberg eingesetzt gewesen. Der Prozess hatte Anfang Oktober begonnen und soll voraussichtlich im April abgeschlossen werden.
Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.