Berlin (epd). Der Bundestag hat am Donnerstag in Berlin mit den Beratungen über eine Ausweitung der Corona-Impfpflicht begonnen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, warb für eine Impfpflicht ab 18 Jahre und forderte insbesondere die Unionsfraktion auf, sich dem Antrag der Befürworter anzuschließen. Dieser hat derzeit mit 236 Abgeordneten die meisten Unterstützer. Baehrens sagte, nur mit einer hohen Grundimmunisierung sei es möglich, die nächste Corona-Welle im Herbst zu verhindern.
Hätte Deutschland bereits heute eine Impfquote von 90 Prozent, wären die Infektionszahlen nicht so hoch, sagte sie. Deutschland habe inzwischen europaweit die höchste Inzidenz. An die Union gerichtet appellierte Baehrens: „Warten Sie nicht länger ab, gehen sie mit uns den Weg der Vernunft und der Vorsorge!“ Die Unionsfraktion hat den Antrag vorgelegt, der derzeit die zweitgrößte Unterstützergruppe hat. Er sieht vor, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung einer Impfpflicht geschaffen werden, aber erst in einer akuten Lage über die Einführung entschieden werden soll. Baehrens sagte, der Zeitpunkt sei bereits da. Dem Robert Koch-Institut wurden am Donnerstag fast 300.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet.
Der CDU-Abgeordnete Sepp Müller ging auf die Bitte von Baehrens nicht ein. Er warb im Parlament für den Fraktionsantrag der Union, der ein Impfpflicht-Gesetz auf Vorrat fordert, das erst gelten soll, wenn beispielsweise eine neue Infektionswelle im Herbst dies erforderlich machen würde. Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Impfpflicht „tot“, sagte Müller. Es gebe im Parlament keine Mehrheit dafür.
Voraussichtlich in der ersten Aprilwoche will der Bundestag entscheiden, ob die Corona-Impfpflicht in Deutschland ausgeweitet werden soll. Seit Mitte März gilt bereits eine solche Pflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In der Koalition aus SPD, Grünen und FDP gibt es Stimmen für eine allgemeine Impfpflicht, aber auch dagegen. Die Abstimmung über diese Frage soll daher auf Grundlage fraktionsübergreifender Anträge erfolgen. Fünf in Form und Inhalt verschiedene Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Der Antrag für eine Impfpflicht ab 18, der derzeit nach Angaben der Initiatorinnen und Initiatoren die meisten Unterstützer hat, sieht eine Impfpflicht für alle Erwachsenen vor, die ab Oktober gelten und bis Ende 2023 befristet werden soll. Als vollständig geimpft würde nach ihrem Gesetzentwurf anerkannt, wer entweder drei Impfungen erhalten hat oder zwei Impfungen plus eine Covid-19-Genesung nachweisen kann. Der Antrag aus den Reihen der Ampel wird von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt.