Domherrin: Naumburger Dom ist kein Disneyland

Domherrin: Naumburger Dom ist kein Disneyland
15.03.2022
epd
epd-Gespräch: Bettina Gabbe

Naumburg (epd). Die Naumburger Domherrin Karin von Welck möchte mehr Besucher für die ins Weltkulturerbe aufgenommene Kirche begeistern, gleichzeitig aber negative Auswirkungen des Massentourismus verhindern. „Wir wollen nicht, dass es zu einem Disneyland wird oder dass die Menschen denken, sie kommen in ein nettes Skulpturenmuseum“, sagte Welck dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Unser Anliegen ist, dass sie verstehen, dass es ein Gotteshaus ist, das seit 1.000 Jahren sehr lebendig ist und in dem die Menschen sich immer noch für Gottesdienste und zu Gebeten versammeln“, sagte die Domherrin weiter. In Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde werden demnach Ideen für regelmäßige Motetten-Gottesdienste und liturgische Veranstaltungen entwickelt, bei denen Musik eine große Rolle spielen soll. Überdies werde die Aufstellung eines Altarretabels im Westchor erwogen, an dem Ort, an dem sich die Stifterfiguren befinden.

Die 74-jährige ehemalige Hamburger Kultursenatorin steht als Dechantin an der Spitze des bis zu neun Mitglieder umfassenden Vereinigten Domkapitels. Es ist das Aufsichtsgremium der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz.

Die Corona-Epidemie habe sich durch einen starken Besucherschwund bemerkbar gemacht, sagte Welck weiter. „Es war hart, weil die Dome geschlossen wurden, die 60 Prozent unserer Einnahmen und unserer Mittel einbringen, um die Gebäude zu erhalten und unsere Mitarbeiter zu bezahlen.“ Das Land Sachsen-Anhalt habe jedoch großzügig Einnahmeausfälle kompensiert: „Sonst wären wir nicht über die Runden gekommen.“

Die Aufnahme in das Unesco-Welterbe-Verzeichnis bezeichnete Welck als „Glückslos, weil die Eintragung viel Aufmerksamkeit auf den Naumburger Dom lenkt“. Außerhalb von Corona-Zeiten kämen dadurch viele Menschen auch von außerhalb.

Überdies biete die Aufnahme ins Weltkulturerbe die Möglichkeit, aus Fördertöpfen zu schöpfen, die vorher nicht erreichbar waren. „Insofern sind wir sehr dankbar für diese Eintragung, für die lange gekämpft wurde“, sagte Welck. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung plant das Domkapitel für 2028, das 1.000-jährige Jubiläum von Naumburg mit einem Festjahr zu begehen.

Welck ist seit 2012 Domherrin der Vereinigten Domstifter. Im Jahr 2018 trat sie als Dechantin die Nachfolge für den verstorbenen Curt Becker an.