Brandenburg an der Havel (epd). Der NS-Prozess gegen einen 101-jährigen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen steuert auf den Abschluss der Beweisaufnahme zu. Wenn keine Verzögerungen etwa durch Krankheitsfälle auftreten, könnte die Beweisaufnahme Ende kommender Woche abgeschlossen werden, sagte der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann dem Evangelischen Pressedienst (epd) zu Beginn des 25. Verhandlungstags am Donnerstag vor dem in Brandenburg an der Havel tagenden Landgericht Neuruppin.
Mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklagevertretern und Verteidigung könne dann in der Woche darauf begonnen werden, in der Verhandlungstage am 24. und 25. März vorgesehen sind. (Az.: 11 Ks 4/21)
Am Donnerstag sollte ein Nebenkläger aus Israel als Zeuge per Videovernehmung angehört werden. Am Freitag sind Videovernehmungen eines Nebenklägers und einer Nebenklägerin aus Frankreich geplant. Außerdem werden Aussagen eines psychiatrischen Sachverständigen zum Thema Erinnerung und Verdrängung erwartet. Der Angeklagte Josef S. bestreitet, SS-Wachmann in Sachsenhausen gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Mord in mindestens 3.518 Fällen vor.
Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben. Den Ermittlungen zufolge hat Josef S. in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 dort als Wachmann gearbeitet. Der in Litauen geborene Angeklagte hat nach dem Zweiten Weltkrieg und nach russischer Kriegsgefangenschaft in der DDR gelebt.