Düsseldorf (epd). Die Hans-Böckler-Stiftung sieht die Pläne der Bundesregierung, die Verdienstgrenze bei Minijobs anzuheben, mit Sorge. „Geringe Stabilität und mangelnde soziale Sicherheit sind keine Schönheitsfehler, sondern integraler Bestandteil des Konzepts Minijob“, sagte der Arbeitsmarktexperte der gewerkschaftsnahen Stiftung, Eric Seils, am Donnerstag in Düsseldorf. Unter den Bedingungen der Corona-Pandemie sei das besonders deutlich geworden. Die Verdienst-Obergrenze für Minijobs soll am 1. Oktober von 450 auf 520 Euro im Monat steigen. Dies solle zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro geschehen, kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor kurzem an.
Seils bezeichnete Minijobs als „problematisch, weil den Beschäftigten teilweise wichtige Rechte wie der Mindestlohn, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub versagt bleiben“. Außerdem gelinge ein Übergang aus der geringfügigen Beschäftigung in stabilere Arbeitsplätze nur selten.
Bei den 450-Euro-Jobs gibt es laut einer am Donnerstag vorgestellten Studie der Hans-Böckler-Stiftung regional in Deutschland große Unterschiede. Diese seien als Hauptbeschäftigung in Westdeutschland mit 11,6 Prozent aller Beschäftigten viel verbreiteter als in Ostdeutschland (7,7 Prozent), hieß es. Die Differenz hänge eng mit der deutlich höheren Vollzeit-Erwerbstätigkeit von Frauen im Osten zusammen.
Entgegen diesem Muster liegt der Kreis mit dem geringsten Anteil an ausschließlich geringfügig Beschäftigten in Westdeutschland: In Wolfsburg gehen nach der Erhebung nur 4,3 Prozent aller Beschäftigten ausschließlich einer 450-Euro-Beschäftigung nach. Bundesweit die höchsten Anteile ausschließlich geringfügig entlohnter Beschäftigter finden sich in den Landkreisen Trier-Saarburg (22,9 Prozent), Kusel (19,0 Prozent) und Plön (18,8 Prozent).
In der Corona-Krise habe sich die Prekarität vieler Minijobs besonders deutlich gezeigt, erklärte Seils. Da für geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wird, konnten sie während der Pandemie nicht über Kurzarbeit abgesichert werden. Bei Verlust der Beschäftigung besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge gab es in Deutschland am 30. Juni 2021 rund 7,157 Millionen Beschäftigte, die einen 450-Euro-Minijob haben. Das waren etwa 80.000 mehr als ein Jahr zuvor, aber gut 436.000 weniger als Ende Juni 2019. Für rund drei Millionen Menschen war die geringfügig entlohnte Beschäftigung ein Nebenjob. Etwa 4,15 Millionen oder 10,9 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland übten zu diesem Zeitpunkt ausschließlich einen Minijob aus. Von den ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten waren etwa 60 Prozent Frauen.