Pfarrer wegen vielfachen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt

Pfarrer wegen vielfachen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt
Ein deutliches Urteil: Zwölf Jahre Freiheitsstrafe erhält ein ehemaliger Pfarrer, der über Jahrzehnte immer wieder Mädchen sexuell missbrauchte. Dabei erschlich er sich in vielen Fällen das Vertrauen der Eltern.

Köln (epd). Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in insgesamt 110 Fällen hat das Landgericht Köln den ehemaligen katholischen Pfarrer U. zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Zudem muss er an drei Opfer Schmerzensgeld in Höhe von 5.000, 10.000 und 35.000 Euro zahlen und die Verfahrenskosten tragen. Die Taten geschahen zwischen 1993 und 2018 in Wuppertal, Gummersbach und Zülpich. Weitere Sexualstraftaten gegen sechs weitere Mädchen, die bis in den Juni 1979 zurückreichen, fanden keinen Eingang in das Verfahren, da sie bereits verjährt sind. (AZ: 102 KLs 17/20)

Die 2. große Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Christoph Kaufmann erkannte bei dem 70-jährigen Angeklagten eine ausgeprägte pädophile Neigung. U. gelang es laut Kaufmann immer wieder, das Vertrauen der Eltern der Mädchen zu gewinnen. In einem Fall gab er vor, sich um das Kind zu kümmern, um dessen alkoholkranke Mutter zu unterstützen. In einem anderen Fall schloss er mit den Eltern eines Mädchens eine „Therapievereinbarung“, um dessen „pubertären Jähzorn“ zu behandeln.

Immer wieder übernachteten Kinder aus U.s Umfeld bei dem Pfarrer, der als charismatisch beschrieben wurde. Gemeinsames Baden und unbekleidetes gemeinsames Schlafen in U.s Wasserbett waren bei den Übernachtungen an der Tagesordnung. Immer wieder kam es zu Berührungen im Genitalbereich, in einigen Fällen auch zum Geschlechtsverkehr. Bei den meisten Taten waren die Mädchen jünger als 14 Jahre. Es gab auch Urlaube mit den Missbrauchsopfern und deren Eltern.

Das Verfahren wurde eröffnet, weil drei Nichten von U. schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben hatten. Im Laufe des Prozesses meldeten sich weitere Opfer, die bereit waren, gegen den Angeklagten auszusagen. U. war bereits 2010 von der Kölner Erzbistumsleitung beurlaubt worden, nachdem die Nichten ihn angezeigt hatten. Sie hatten aber anschließend von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die Interventionsstelle des Erzbistums hatte 2019 zu ihnen Kontakt aufgenommen. Nun waren sie aussagebereit.

U. hatte im Lauf des Verfahrens die Taten eingeräumt. Kaufmann kritisierte die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Angeklagten. „Die Kammer hat sich zeitweilig gefühlt wie die Brüder im Nebel, die herumstochern, um weitere Opfer zu finden.“ Er erinnerte an die „beeindruckende Ehrlichkeit der Opferzeugen“, die auch der Anwalt von U. eingeräumt habe. Kaufmann nannte die Zeuginnen „Heldinnen des Verfahrens“.

U. sei uneingeschränkt schuldfähig, erklärte der Richter. „Sie wären in der Lage gewesen, Hemmungen aufzubauen“, begründete er. Der Angeklagte habe die Taten vorausschauend geplant. Die Kammer habe bei U. Empathielosigkeit erkannt sowie ein unstillbares Bedürfnis nach Selbstbestätigung verbunden mit Selbstkorrumpierung: „Sie haben nicht nur Ihre Freunde, Ihre Therapeuten, Ihre Vorgesetzten und Ihre Kollegen belogen, sondern auch die Kammer.“

Das Erzbistum Köln begrüßte das Urteil. Es sei notwendig, „dass Täter zur Rechenschaft gezogen werden, auch wenn dies das Leid der Opfer keineswegs mindert“, erklärte der Delegat des Apostolischen Administrators, Markus Hofmann. Die Erkenntnisse aus dem Prozess und das Urteil würden an die römische Glaubenskongregation gesandt, damit auch das kirchenrechtliche Verfahren zügig zu einem Abschluss komme.

Hofmann versicherte, das Erzbistum müsse und wolle aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. „So werden wir die Kontrolle von straffällig gewordenen Beschuldigten verschärfen.“ Auch die Aufarbeitung und Präventionsarbeit würden konsequent fortgesetzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.