Den Haag (epd). In Den Haag hat am Dienstag der Prozess gegen einen kenianischen Anwalt begonnen, der Zeugen am Internationalen Strafgerichtshof bestochen haben soll. Dem Beschuldigten Paul Gicheru wird vorgeworfen, mehreren Zeugen Geld gezahlt zu haben, um sie dazu zu bringen, ihre Aussagen in hochrangigen Strafverfahren in Den Haag zurückzuziehen. Erstmals muss sich damit ein Verdächtiger wegen mutmaßlicher Beeinflussung der gescheiterten Prozesse gegen sechs Kenianer verantworten, unter ihnen der heutige Präsident Uhuru Kenyatta und sein Stellvertreter William Ruto.
Gicheru wurde wegen Straftaten gegen die Rechtspflege angeklagt. Er bekannte sich am Dienstag nicht schuldig. Der Strafgerichtshof hatte im September 2015 Haftbefehle gegen Gicheru und den Mitangeklagten Philip Kipkoech Bett wegen Straftaten gegen die Rechtspflege ausgestellt. Gicheru hatte sich im November 2020 der Justiz gestellt, Bett wurde bisher noch nicht festgenommen.
Der Strafgerichtshof hatte nach der bürgerkriegsähnlichen Gewalt in Kenia 2007 und 2008 Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen sechs Männer erhoben, unter ihnen Kenyatta und Ruto. Sie sollen laut der damaligen Anklage die Gewalt angestachelt haben. Das Verfahren gegen Kenyatta wurde 2014 noch vor dem offiziellen Prozessbeginn eingestellt, das gegen Ruto endete 2016 aus Mangel an Beweisen, ohne dass ein Urteil gesprochen wurde. Keiner der angeklagten Kenianer wurde verurteilt. In vielen Fällen hatten Zeugen ihre Aussage zurückgezogen, weil sie eingeschüchtert oder bedroht wurden.