Berlin (epd). Die Behindertenhilfe beklagt eine hohe Zusatzbelastung und viel Unklarheit durch die beschlossene Impfpflicht für die Beschäftigten der Sozialbranche. Dies treffe die Beschäftigten in einer Situation, in der nach zwei Jahren Corona-Pandemie „fast alle extrem müde und ausgelaugt“ seien. Dennoch werde in den Einrichtungen „mit erheblichem Kommunikationsaufwand fürs Impfen geworden“, sagte die Geschäftsführerin des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe (BeB), Barbara Heuerding, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Den Einrichtungen und Diensten in der Behindertenhilfe sei es „nur begrenzt möglich, sich und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Impfpflicht einzustellen, weil die Umsetzung teilweise unklar ist“, sagte Heuerding. Es gelinge zudem nur unzureichend, mit den Gesundheitsämtern Klärungen herbeizuführen.
Die Arbeitgeber würden Beschäftigte, die bis zum 15. März keinen Immunitätsnachweis vorlegen, „nicht unmittelbar“ kündigen, erklärte die Juristin. Gleichzeitig suchten sie händeringend nach Personal.
In der Behindertenarbeit sei nach zwei Jahren Pandemie und der aktuellen Omikronwelle die Belastungsgrenze erreicht. „Bei einigen Angeboten wissen die Leistungserbringer wegen der hohen Anzahl positiv getesteter Klienten und Mitarbeiterinnen nicht mehr, wie sie den Betrieb aufrechterhalten können“, berichtete Heuerding.
Bei vielen Angeboten müsse wegen Erkrankungen jeden Tag umdisponiert werden, weil ständig die Dienstpläne verändert und neue Verordnungen umgesetzt werden müssten. „In Nordrhein-Westfalen waren es rund 210 Verordnungen und Allgemeinverfügungen seit Beginn der Pandemie“, beklagt die Verbands-Chefin. Hinzu komme ein hoher Dokumentationsaufwand für die Refinanzierung von Antigentests in den Einrichtungen.
Die Eltern behinderter Kinder seien besonders gefordert, auch weil viele familienentlastende Angebote eingeschränkt seien. „Viele Angehörige sorgen sich vor allem vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, wenn sie risikoerkrankte Kinder haben. Einige fühlen sich alleingelassen, weil Kinder mit Behinderung nicht im Fokus der Politik sind“, kritisiert die Sozialexpertin.