Potsdam (epd). Kritik des Bundesrechnungshofs an der Finanzierung des neuen Potsdamer Garnisonkirchturms hat Folgen. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) habe in einer ersten Reaktion auf den Bericht den Kuratoriumsvorsitzenden und den Vorstand der Garnisonkirchenstiftung um die Einberufung einer zeitnahen Sondersitzung gebeten, teilte die Stadtverwaltung am Freitag in Potsdam mit. Der Bericht sei Schubert, der selbst Mitglied des Kuratoriums der Stiftung ist, am Donnerstagabend vom Vorstand übermittelt worden und zuvor im Kuratorium nicht bekannt gewesen.
Der am Donnerstag in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Bericht müsse umgehend mit Blick auf die Hinweise zur Arbeitsweise der Stiftung bewertet und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden, betonte Schubert. Es sei „von immenser Wichtigkeit, dass nicht nur die im Raum stehenden förderrechtlichen Fragen geklärt werden, sondern alle im Bundesrechnungshofbericht aufgestellten Forderungen erfüllt und transparent gegenüber der Öffentlichkeit dargestellt werden“.
In dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs wird unter anderem kritisiert, dass die Finanzen der Stiftung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien nicht ausreichend geprüft worden seien und die Bundesförderung in zweistelliger Millionenhöhe eine rechtlich unzulässige Anschubfinanzierung sei. Zudem sei nicht vorgesehen, dass sich die Stiftung an entstehenden Mehrkosten beteiligt. Der Bund hat für den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms bislang mehr als 24 Millionen Euro Bundesmittel zugesagt.
Die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ betonte am Freitag, der Bundesrechnungshof habe offiziell bestätigt, was von Kritikern des Bauprojekts bereits seit Jahren angeprangert werde. Die staatliche Finanzierung, die den Baustart erst möglich gemacht habe, sei rechtswidrig. „Die Turmkopie ist ein Millionengrab“, erklärte die Initiative: „Der Turm hätte nie gebaut werden dürfen.“
Die Kulturstaatsministerin der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne), sollte die Fördermittel für den Turmbau sofort einfrieren und die Vorgänge lückenlos aufklären, forderte die Bürgerinitiative. Weitere Bundesmittel dürften nicht ausgezahlt werden. Auch eine Rückforderung bereits ausgezahlter Fördermittel müsse erwogen werden. Mit Blick auf einen möglichen Verdacht auf Subventionsbetrug seitens der Stiftung müssten zudem rechtliche Schritte geprüft werden.
Vonseiten der kirchlichen Stiftungsaufsicht der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die für die Garnisonkirchenstiftung zuständig ist, hieß es am Freitag auf Anfrage, die Landeskirche nehme die Prüfung der Zuwendungen für den Wiederaufbau des Potsdamer Garnisonkirchturms durch den Bundesrechnungshof zur Kenntnis und gehe davon aus, dass die Fördermittel sachgerecht bewilligt wurden. Die Stiftung hatte bereits am Donnerstagabend eine ähnliche Erklärung abgegeben und betont, mit Blick auf die Geschichte der Garnisonkirche gebe es „mehr als gute Gründe“ für eine Förderung des „exponierten Lernortes preußischer, deutscher und europäischer Geschichte“.
Die Potsdamer Garnisonkirche wurde 1735 fertiggestellt, 1945 bei einem Luftangriff weitgehend zerstört und 1968 abgerissen, der Turm wurde gesprengt. Der neue Garnisonkirchturm wird seit 2017 gebaut. Die evangelische Kirche will ihn für historische Aufklärung, Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen. Das gesamte Bauprojekt ist vor allem wegen der Geschichte der früheren preußischen Militärkirche unter anderem in der NS-Zeit umstritten, die Garnisonkirche gilt als Ort und Symbol antidemokratischer Kräfte. Adolf Hitler hielt dort 1933 bei der Inszenierung der Eröffnung des Reichstags eine Rede.