München (epd). Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx hat sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats in der katholischen Kirche ausgesprochen. „Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet“, sagte Marx der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag). Er könne sich zwar keine generelle Abschaffung des Zölibats als „Lebensform Jesu“ vorstellen, erklärte der Erzbischof: „Aber ob man das für jeden Priester als Grundvoraussetzung nehmen soll, da mache ich doch ein Fragezeichen. Ich denke, so wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.“ Diese Diskussionen müsste geführt werden.
Zurückhaltend äußerte sich Marx zur Frage, ob Frauen Priesterinnen werden können. Die Argumente dagegen seien für ihn immer schwächer geworden, sagte er: „Ich bin da nicht am Ende, ich weiß nur, dass wir einen großen Konsens brauchen. Oder man zerbricht das ganze Gebäude.“ Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs dürfe nicht von Reformen getrennt werden, sagte der Erzbischof. Es gehe um systemische Dinge, um Klerikalismus, Zölibat, Männer und Frauen.
Ein vor zwei Wochen veröffentlichtes unabhängiges Gutachten zu Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum München und Freising hat ranghohen Klerikern moralisches Führungsversagen im Umgang mit Missbrauchstätern und -opfern nachgewiesen. Schwer belastet wird darin auch der frühere Münchner Erzbischof und heutige emeritierte Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger. Forderungen, Benedikt XVI. solle sich entschuldigen, wollte sich Marx nicht anschließen. Er wolle nicht über die Medien eine Forderung stellen, sagte er der Zeitung. Er hoffe aber, dass sich der emeritierte Papst, so wie angekündigt, umfassend äußere: „Und dass die Erklärung auch ein gutes Wort der Anteilnahme mit den Betroffenen enthält.“
Das Gutachten überschattet auch die dritte Synodalversammlung des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg, die am Donnerstag in Frankfurt am Main beginnt. Bis Samstag diskutieren dabei die 230 Delegierten wieder über Kirchenreformen.