Frankfurt a.M., Yangon (epd). Zum Jahrestag des Putsches in Myanmar haben Oppositionelle zu Protesten gegen das Militärregime aufgerufen. Landesweit schlossen sich Menschen einem „stillen Streik“ an, wie das Nachrichtenportal „Myanmar Now“ am Dienstag berichtete. Fotos in den sozialen Netzwerken zeigten leere Straßen und geschlossene Geschäfte. Zugleich gab es kleinere Kundgebungen. Die Militärjunta hatte allen Menschen, die sich an den Streiks beteiligten, lebenslange Haft angedroht. Derweil kritisierten UN-Vertreter das brutale Vorgehen des Militärs seit der Machtergreifung vor einem Jahr.
In Myanmar hat sich das Militär am 1. Februar 2021 an die Macht geputscht. Seitdem versinkt das südostasiatische Land im Chaos. Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden bislang mehr als 1.500 Menschen bei Protesten getötet und mehr als 11.800 Personen verhaftet.
UN-Vertreter prangerten das brutale Vorgehen des Militärs gegen die Bevölkerung anlässlich des Jahrestages abermals an. Der UN-Chefermittler des Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar, Nicholas Koumjian, sagte, die Gräueltaten könnten als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ oder „Kriegsverbrechen“ eingestuft werden. Es gebe glaubwürdige Vorwürfe über willkürliche Inhaftierungen, Folter, sexuelle Gewalt und sogar Tötungen während der Haft. Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, forderte eine entschlossenere Reaktion der Weltgemeinschaft. Derweil verhängten die USA in Absprache mit Großbritannien und Kanada bereits am Montag (Ortszeit) neue Sanktionen gegen sieben Personen und zwei Einrichtungen in Myanmar. Nach Angaben des US-Finanzministeriums in Washington richten sich die Strafmaßnahmen gegen Angehörige der Justiz sowie weitere Vertraute der Militärjunta.
Die Armee hatte den Umsturz vom 1. Februar 2021 mit Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Aung San Suu Kyis Partei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) hatte die Abstimmung vom November 2020 klar gewonnen, die Partei der Militärs war unterlegen. Die gestürzte De-Facto-Regierungschefin Suu Kyi war wenige Stunden nach dem Putsch zusammen mit dem ebenfalls entmachteten Präsidenten Win Myint verhaftet worden. Das Militärregime überzog beide Politiker mit zahlreichen Anklagen. In ersten Gerichtsverfahren wurden Suu Kyi und Win Myint bereits zu mehreren Jahren Haft verurteilt.