Tübingen (epd). Der ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik Tübingen, Tobias Renner, hat vor der Legalisierung von Cannabis gewarnt. Die Datenlage zeige klar, dass durch regelmäßigen Cannabiskonsum die Gesundheit von Jugendlichen gefährdet sei, sagte Renner am Dienstagabend bei einer Online-Veranstaltung der Universität Tübingen.
In der Pubertät werde das Gehirn „kernsaniert“. Cannabis wirke sich negativ auf den Reifungsprozess des Gehirns aus. Er kenne keinen Kollegen, der für die Legalisierung von Cannabis sei, sagte der Arzt und Psychiater. Sollte Cannabis freigegeben werden, sehe er eine „deutliche Erhöhung von psychischen Problemstellungen“.
Die Ampel-Koalition will laut Koalitionsvertrag eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ ermöglichen. Renner sagte, auch wenn Cannabis nur für Erwachsene legalisiert werden soll, finde es seinen Weg leichter zu Jugendlichen, wenn es frei erhältlich ist.
Auch die Fachgesellschaften der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -medizin haben im Dezember in einer Stellungnahme auf die Gefahr der Legalisierung von Cannabis für Jugendliche hingewiesen. Cannabiskonsum in Pubertät und Adoleszenz führe zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn, hieß es. Das mindere die Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistung sowie die Aufmerksamkeit und Intelligenz. Außerdem könne Cannabiskonsum bei ansonsten unauffälligen Menschen mit einer bestimmten genetischen Disposition Psychosen auslösen.