Hannover (epd). In Deutschland leiden einer Krankenkassen-Auswertung zufolge immer mehr Kinder und Jugendliche unter Sprach- und Sprechstörungen. Die Zahl der Sechs- bis 18-Jährigen mit einer entsprechenden Diagnose sei zwischen 2010 und 2020 um rund 52 Prozent gestiegen, teilte die Kaufmännische Krankenkasse KKH am Donnerstag in Hannover mit. Sie bezog sich dabei auf Daten ihrer Versicherten. Demnach sind 7,6 Prozent der Heranwachsenden von Sprachstörungen betroffen, also jeder Dreizehnte. Etwa jeder elfte Junge und jedes siebzehnte Mädchen leiden darunter. Bei den Sechs- bis Zehnjährigen betrifft dies sogar jedes siebte Kind - der Anteil lag hier bei 15 Prozent.
„Die Art der Ausprägung von Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen kann vielfältig sein“, erläuterte KKH-Expertin Miriam Rappe. „Das reicht vom Unvermögen, bestimmte Laute zu artikulieren, über Wortfindungsstörungen bis hin zu Problemen, Sätze zu bilden oder zu verstehen.“ Je früher Sprachentwicklungsstörungen festgestellt und therapiert würden, umso erfolgreicher könne die Sprachentwicklung unterstützt werden.
In der Corona-Krise habe das Homeschooling in vielen Familien die Kinderzimmer und Küchen über Wochen oder Monate in Schulräume verwandelt, erläuterte Rappe. Nicht jedes Kind habe dabei auf Unterstützung der Eltern zurückgreifen können. „Vielen Kindern und Jugendlichen fehlte durch ausbleibenden Schulunterricht, Distanz- und Wechselunterricht etwas Entscheidendes: der direkte kommunikative Austausch mit Gleichaltrigen.“ So habe die Krise möglicherweise den Trend zu mehr Sprachstörungen verstärkt.