Nürnberg (epd). Der Anteil von Frauen an der Spitze privatwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland lag 2020 weiterhin deutlich unter dem der Männer. Mit 27 Prozent seien Frauen auf der ersten Führungsebene nach wie vor klar in der Unterzahl, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Dienstag in Nürnberg mit. Der Wert sei seit 2019 nur um einen Prozentpunkt gestiegen. Der Anteil der Frauen an allen Beschäftigten in der Privatwirtschaft liegt bei 43 Prozent.
Auf der zweiten Führungsebene sind Frauen den Angaben nach inzwischen fast ihrem Anteil an der Gesamtbeschäftigung entsprechend vertreten. Nach einem moderaten Anstieg bis 2016 stagniert der Anteil seitdem bei 40 Prozent, teilte das IAB mit. Frauen sind der Studie zufolge im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, in der Erziehung und in den Schulen am häufigsten in Führungspositionen zu finden. „Bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sind sie - gemessen an ihrem Beschäftigtenanteil - besonders schlecht vertreten“, so das IAB, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört.
Der seit vielen Jahren relativ hohe Anteil von Frauen auf der zweiten Führungsebene in Betrieben und in der Verwaltung führte bislang nicht dazu, dass Frauen häufiger ganz nach oben in Spitzenpositionen kommen. „Offensichtlich ist es nicht nur eine Frage der Zeit, bis genug Frauen Erfahrung auf der zweiten Führungsebene gesammelt haben und dann auch in die obersten Führungsetagen aufsteigen“, sagte Susanne Kohaut, kommissarische Leiterin des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“. Möglicherweise sei das ein Ergebnis der „gläsernen“ Decken, die Frauen den Weg in Toppositionen versperrten. Dazu zählen strukturelle Barrieren wie nicht standardisierte und wenig transparente Auswahlverfahren bei der Stellenbesetzung oder der fehlende Zugang zu karriererelevanten Netzwerken.
„Die Erwartung, dass das 2016 eingeführte Gesetz für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen für die Privatwirtschaft zu einer deutlichen Erhöhung des Frauenanteils auf oberster Ebene führt, wird nicht erfüllt“, berichtete Kohaut. Die Regelungen setzten allerdings auf Freiwilligkeit. „Mit dem neuen Führungspositionen-Gesetz sind erstmals Sanktionen bei Nichterreichung von Zielgrößen vorgesehen, ihre Wirkung bleibt abzuwarten“, betonte die Expertin.