Frankfurt a.M. (epd). Die Holocaust-Überlebende und Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn ist tot. Sie starb am Donnerstag im Alter von 100 Jahren, wie die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main mitteilte. Die in Olomouc (Olmütz) in der Tschechoslowakei geborene Jüdin war in den Konzentrationslagern Theresienstadt und Auschwitz inhaftiert. Über ihre Erfahrungen berichtete sie ab 1978 vor allem in Schulen.
Simonsohn zog 1955 mit ihrem Mann Berthold nach Frankfurt. Seit 2017 lebte sie in einem Altenzentrum der Budge-Stiftung im Stadtteil Seckbach. Für ihr soziales und gesellschaftspolitisches Engagement erhielt sie unter anderem den Ignatz-Bubis-Preis für Verständigung, die Leuschner-Medaille des Landes Hessen und als erste Frau überhaupt die Ehrenbürgerschaft der Stadt Frankfurt.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte, Trude Simonsohn habe mit ihrer beeindruckenden Zeitzeugenarbeit begreifbar gemacht, was es heißt, in einer menschenverachtenden, rassistischen Diktatur als Jüdin verfolgt zu werden. „Mit bewundernswert offenen und warmherzigen Worten hat sie dabei stets auch für all jene gesprochen, die es nach den Verheerungen des Holocaust nicht mehr konnten“, sagte die Grünen-Politikerin in Berlin.
Der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter jüdischen Gemeinde, Salomon Korn, nannte Simonsohn eine „bemerkenswerte, herausragende Frau, die stets zum Wohle ihrer Mitmenschen gehandelt hat“. „Durch ihr unermüdliches Engagement, insbesondere jungen Menschen in Schulen vom Erlebten zu berichten, wirkte sie für eine friedlichere Gesellschaft“, sagte Korn.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hob Simonsohns Verdienste für die Erinnerungskultur, Humanität, Weltoffenheit und das jüdische Leben in Hessen hervor. Sie hinterlasse eine tiefe Lücke, sagte er. Der hessische Beauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus und das jüdische Leben, Uwe Becker (CDU), würdigte Simonsohns „Kraft zur Versöhnung und zum Miteinander“.
Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) betonte den Mut und die Bescheidenheit von Simonsohn. Sie sei für eine „Zukunft ohne Hass, eine offene Gesellschaft und eine Kultur des Respekts“ eingetreten. „Dass sie unserem Land, unserer Stadt nach allem, was wir ihr und ihrer Familie angetan haben, eine zweite Chance gab, ist für mich bis heute ein unbegreifliches Geschenk.“
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung nannte Simonsohn eine „zutiefst beeindruckende Persönlichkeit“. Ihre Erinnerungsarbeit von Frankfurt aus, für die auch die damalige Evangelische Akademie in Arnoldshain eine Impulsgeberin war, habe auch in der evangelischen Kirche viele Menschen bewegt: „Ihr Engagement und Ihre Hoffnung angesichts dessen, was sie erleben musste, erfüllen mich mit großer Dankbarkeit.“
Die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank würdigte, das „unbestechliche politische Urteilsvermögen von Trude Simonsohn und ihre schier unerschöpfliche Kraft“, für Menschlichkeit und Respekt zu werben. „Wir verlieren ein Vorbild im Kampf für die Erinnerung an die Shoah und gegen heutige Formen von Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit.“
Wie kaum eine andere Persönlichkeit habe sie den Charakter und den Bildungsauftrag der Bildungsstätte „mit Herz und Verstand“ geprägt, für deren Gründung sie sich Anfang der neunziger Jahre eingesetzt hatte.