Berlin (epd). Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat die Auflösung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial und das Verbot einer Unterorganisation in scharfer Form verurteilt. Beide Gerichtsentscheidungen seien „massive Schläge gegen die russische Zivilgesellschaft“, sagte Roth am Mittwoch in Berlin.
Die von Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern um den Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründete Menschrechtsorganisation habe sich enorme Verdienste um die Aufarbeitung der Vergangenheit erworben. Dabei habe sie auch Maßstäbe für die europäische Erinnerungskultur gesetzt, betonte Roth. Das gelte auch für die Dokumentation des Schicksals von Hunderttausenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Deutschland.
Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit habe sich Memorial immer unbeirrt für die Wahrung der Bürger- und Menschenrechte in Russland eingesetzt. Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte sei für jede Gesellschaft eine Bereicherung, sagte die Kulturstaatsministerin: „Nur mit dem Wissen um die Verbrechen der Vergangenheit lässt sich neues Unrecht in der Zukunft verhindern.“
Der Oberste Gerichtshof in Russland hatte am Dienstag die Auflösung von Memorial und einer Unterorganisation verfügt. Amnesty International und andere zivilgesellschaftliche Organisationen sprachen von einem „schweren Schlag für die russische Gesellschaft“.
Memorial war seit 2016 in Russland als „Ausländischer Agent“ registriert, weil die Organisation teilweise aus dem Ausland finanziert wird. Ihr wurde vorgeworfen, gegen ein entsprechendes Gesetz verstoßen zu haben.