Berlin (epd). Das Unicef-Foto des Jahres 2021 zeigt ein elfjähriges indisches Mädchen, dessen Teeausschank von einem verheerenden Wirbelsturm auf das offene Meer gefegt wurde. Das eindringliche Siegerbild des indischen Fotografen Supratim Bhattacharjee aus dem Nordosten des Subkontinents zeige den Überlebenskampf von Kindern angesichts fortschreitender Umweltzerstörung und des Klimawandels, sagte Unicef-Vorstand Peter-Matthias Gaede am Dienstag in Berlin.
Im August 2020 hatte in den Sundarbans, den größten Mangrovenwäldern der Erde in Westbengalen in Indien, ein tropischer Wirbelsturm gewütet und die Küstenregion schwer verwüstet. Bhattacharjee, der sich in seinen Arbeiten mit Umwelt- und Menschenrechtsfragen beschäftigt, reiste einen Tag später in die Gegend, um die verheerenden Folgen zu dokumentieren. In dem komplett zerstörten Dorf Fraserganj liefen die Menschen durcheinander und versuchten verzweifelt, die Reste ihres Hab und Guts aus dem Meerwasser zu retten, berichtete der Fotograf in einem Video: „Pallavi, das Mädchen auf dem Foto, war eine von ihnen.“
Ihr Zuhause, in dem sich auch ein kleiner Teeladen befand, war komplett zerstört und auf den Golf von Bengalen hinausgeweht worden. Die Elfjährige habe sich aber tapfer der verheerenden Situation gestellt und versucht, ruhig zu bleiben: „Ihre starke Persönlichkeit, die sie dem zerstörerischen Anstieg des Meeres entgegensetzte, brachte mich dazu, sie zu fotografieren“, sagte Bhattacharjee.
Pallavis Blick könne niemanden unberührt lassen, sagte Unicef-Schirmherrin Elke Büdenbender am Dienstag bei der Präsentation der Siegerbilder. „Das Bild zeigt auf einen Blick, was Kinder in dieser Welt so stark belastet: Armut, Umweltzerstörung, Klimawandel.“ Das Foto fordere dazu auf, über die Konsequenzen der Lebensweise in reichen Länder nachzudenken und sie zu verändern. Das mache den seit dem Jahr 2000 jährlich stattfindenden Wettbewerb von Unicef Deutschland aus, sagte die Ehefrau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier: eindringliche Fotos mit großen Themen dahinter. Büdenbender sprach von der „Macht des stillen Bildes“.
Den zweiten Preis erhielt die Reportage des indischen Fotografen Sourav Das über einen Lehrer, der während des Corona-Lockdowns ein ganzes Dorf in ein Freiluftklassenzimmer verwandelt hat. Auf dem Höhepunkt der Lockdowns konnten laut Unicef weltweit 1,6 Milliarden Kinder nicht zur Schule gehen. Für viele habe das bedeutet, dass auch die einzige richtige Mahlzeit am Tag wegfiel, sagte Unicef-Vorstand Peter-Matthias Gaede.
Der dritte Preis ging an den irakischen Fotografen Younes Mohammad für seine Serie über kurdische Kinder kriegsverletzter Väter. Diese waren im Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ verwundet worden. Mit dem Unicef-Foto des Jahres prämiert das Kinderhilfswerk jährlich Fotos und Fotoreportagen, die die Lebensumstände von Kindern weltweit dokumentieren. Für den Wettbewerb 2021 hatten 86 professionelle Fotografinnen und Fotografen aus 26 Nationen etwa 1.300 Bilder eingereicht.