Hamburg (epd). Um mehr Menschen für eine Corona-Schutzimpfung zu gewinnen, rät der Hirnforscher Gerhard Roth zu einer Werbekampagne mit Prominenten. „Der Prominente ist ein Vorbild, der gehört quasi zur Kernfamilie, an dem orientiert man sich“, sagte der Bremer Neurowissenschaftler in einem Gespräch, das am Mittwoch in der „Spiegel“-Sonderausgabe „Chronik 2021“ erschienen ist. In unsicheren Zeiten wie der aktuellen Pandemie ließen sich Menschen eher von tiefen Gefühlen und impulsiven Reaktionen leiten als von ihrem Verstand.
Zu den Fehleinschätzungen der Politiker gehöre, dass die Bevölkerung Wissenschaftler als vertrauenswürdige Ratgeber akzeptiere. Das funktioniere aber nicht, weil die Wissenschaft „Verstand und Vernunft bedient, nicht Gefühle“, sagte Roth. Sich Vorbildern nahe zu fühlen, erhöhe dagegen im Menschen das Bindungshormon Oxytocin, erklärte der ehemalige Direktor des Instituts für Hirnforschung der Universität Bremen. „Das ist neurobiologisch simpel, aber es wäre ein Weg.“
Eine Impfpflicht sieht Roth skeptisch. „Wie eine Reihe von Politikern fürchte auch ich, dass sich ein erheblicher Teil der noch nicht Geimpften selbst unter Strafandrohung nicht impfen lassen würde“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Gegenteil sei damit zu rechnen, dass härter werdende Sanktionen „zu wachsendem Widerstand beim Kern der Impfgegner“ führten.