Berlin (epd). Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, schließt eine allgemeine Corona-Impfpflicht nicht mehr grundsätzlich aus. Der Ethikrat komme in dieser Frage „auch gerade ins Nachdenken“, nachdem er zuvor „mit guten Gründen“ immer sehr zurückhaltend gewesen sei, sagte sie am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Aber man darf nicht so tun, als hätte sich die Situation nicht geändert“, erklärte Buyx mit Blick auf die hohe Zahl an Corona-Infektionen und Todesfällen sowie die Belastung des Gesundheitssystems.
Der Gesetzgeber habe bei den Impfungen eigentlich schon davon ausgehen können, „dass die meisten Menschen sich selbst schützen würden und dieses Angebot annehmen würden“, sagte die Ethikratsvorsitzende. „Aber wenn das nicht der Fall ist, dann muss man die Situation schon noch einmal neu bewerten.“ Sie rechne damit, dass der Ethikrat in Kürze einen Auftrag von der Politik bekommen werde, sich noch einmal mit der Frage einer allgemeinen Impfpflicht zu befassen.
Mit Blick auf mögliche Einschränkungen auch für Geimpfte sagte Buyx, es sei „extrem frustrierend“, dass man auch darüber wieder sprechen müsse. Wenn die Situation allerdings so schlimm sei, „dass unser Gesundheitssystem an den Rand gerät“, sei es auch verhältnismäßig, sehr eingreifende Maßnahmen zu ergreifen. Ein vorausschauendes Gegensteuern wäre besser gewesen. Nun müsse „geimpft werden, was die Spritze hergibt“, sagte sie.
Aktuell sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts 68,4 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Die geringe Impfquote gilt als ein Grund für das Ausmaß der vierten Welle der Pandemie in Deutschland. Daher wird über eine mögliche Impfpflicht diskutiert.