Osnabrück (epd). Der Berliner Staats- und Verfassungsrechtler Ulrich Battis hält eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus für geboten und rechtlich durchsetzbar. Die Verfassung sei eindeutig. „Die Bürger vorbeugend gegen Corona zu impfen, ist durch Artikel 2 des Grundgesetzes gedeckt, der den Schutz des Lebens anderer Menschen festlegt“, sagte der Professor der Berliner Humboldt-Universität der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag)
Angesichts der rasant steigenden Inzidenzen müsse die Politik zu solch drastischen Maßnahmen greifen. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, das ebenfalls der Artikel 2 festschreibe, habe zurückzutreten. Geschützt werden müssten etwa kleine Kinder ebenso wie Menschen, die wegen einer schweren Krankheit oder Impfunverträglichkeit nicht geimpft werden könnten. Das sei inzwischen gängige Meinung unter führenden Verfassungsrechtlern, da die Corona-Pandemie solch extreme Ausmaße angenommen habe.
Battis sagte: „Die Impfpflicht kann gegen die vierte Welle nichts mehr ausrichten, dafür ist es zu spät. Aber sie kann gegen eine künftige fünfte Welle helfen.“ Österreich, das eine Impfpflicht ab 1. Februar 2022 beschlossen hat, könnte nach seiner Ansicht Vorbild sein.
Aktuell sind laut Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) insgesamt 68 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig gegen Covid-19 geimpft, 70,5 Prozent mindestens einmal. Die geringe Impfquote gilt als ein Grund für das Ausmaß der vierten Welle der Pandemie.
Am Dienstagmorgen meldete das RKI 45.326 bestätigte Neuinfektionen. Die Zahl der neuen Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen stieg auf einen neuen Rekordwert von 399,8. Die Zahl der bisherigen Corona-Toten liegt bei 99.433.
Die Hospitalisierungsrate beträgt bundesweit derzeit 5,3. Der Wert gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche mit Covid-19 in ein Krankenhaus eingewiesen wurden. Die Hospitalisierungsrate ist entscheidend für die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in den jeweiligen Bundesländern.