Berlin (epd). Der Bundesrat hat am Freitag in Berlin trotz erheblicher Bedenken der unionsgeführten Bundesländer einstimmig den Änderungen am Infektionsschutzgesetz zugestimmt. Damit kann die vom Bundestag bereits verabschiedete Novelle in Kraft treten. Sie stellt die Corona-Maßnahmen auf eine neue gesetzliche Grundlage, weil die Corona-Notlage nicht über den 25. November hinaus verlängert wird.
Am Arbeitsplatz und im öffentlichen Personenverkehr gilt künftig die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet). Die Bundesländer können weiterhin Kontakt- und Zugangsbeschränkungen erlassen. Neu sind auch Testpflichten in Heimen und Gesundheitseinrichtungen. Im Unterschied zur derzeit noch gültigen alten Rechtslage können die Länder aber keine generellen Schließungen von Schulen oder dem Einzelhandel, Ausgangssperren oder Reisebeschränkungen mehr anordnen.
Die Länderchefinnen und -chefs hatten sich beim Treffen mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag darauf verständigt, bundesweit die 2G-Regel anzuwenden, wenn der untere Schwellenwert für die Belastung der Krankenhäuser durch Covid-19-Patienten überschritten ist. Das ist in den meisten Ländern, außer in Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und dem Saarland, derzeit der Fall.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, drängte in der wöchentlichen Unterrichtung zur Corona-Lage: „Wir müssen jetzt die Impflücken schließen.“ Die 2G-Regel sei wichtig, „aber in der aktuellen Situation reicht das leider nicht mehr“, sagte er und wiederholte seinen Appell, Kontakte zu reduzieren und Großveranstaltungen abzusagen. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Regeln müssten schärfer kontrolliert werden, damit sie wirklich eingehalten würden. Beide sprachen angesichts der hohen Ansteckungszahlen von einer „nationalen Notlage“. Wieler sagte, schätzungsweise gebe es derzeit in Deutschland rund eine halbe Million aktive Corona-Fälle.
Im Bundesrat übten der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff (beide CDU), Kritik an dem mit der Mehrheit der Ampel-Parteien geänderten Infektionsschutzgesetz. Hessen stimme allein aus Verantwortung für das ganze Land zu, sagte Bouffier. Ausschlaggebend sei außerdem die Zusicherung des voraussichtlich künftigen Kanzlers, Olaf Scholz (SPD), dass die Maßnahmen bei einem erneuten Bund-Länder-Treffen am 9. Dezember geändert werden können.
Die Corona-Novelle bezeichnete Bouffier als „eine falsche Entscheidung und in jeder Hinsicht fatales Signal“. Haseloff erklärte, der Widerspruch zwischen der dramatischen Lage und dem Bundestagsbeschluss, die Pandemie-Notlage nicht zu verlängern, sei „nicht gut für die Demokratie und unsere Glaubwürdigkeit“. Gleichwohl sende der Bundesrat das Zeichen, „dass wir gemeinsam handeln“, sagte Haseloff.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) begrüßte den konstruktiven Umgang aller Bundesländer mit der neuen Rechtslage. Er habe auch „gut mit dem alten Recht leben“ können, sagte Weil. Es sei aber richtig, dass ein allgemeiner Lockdown mit harten Einschränkungen auch für die Mehrheit der Bevölkerung, die sich habe impfen lassen, nicht mehr vorgesehen sei.
Das Robert Koch-Institut meldete am Freitag fast 53.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen stieg auf 340,7, erneut ein Rekordwert. Weitere 201 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Die Zahl der Toten stieg damit auf 98.739.