Köln (epd). Der Intensivmediziner Gernot Marx hält das Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite für eine riskante Weichenstellung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Politik sich in der derzeitigen Corona-Situation die Möglichkeit zu Maßnahmen nehme, die vielleicht ein letztes Mittel sein könnten, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) am Freitag im Interview des Deutschlandfunks.
Ein hochwirksames Medikament mit starken Nebenwirkungen nehme man auch nur im Notfall, zog Marx den Vergleich zu einem Arzneistoff. Aber wenn sonst nichts mehr helfe, sei man froh, es im Schrank zu haben. Dem vom Bundestag am Donnerstag verabschiedeten Gesetz zufolge soll die epidemische Lage von nationaler Tragweite am 25. November auslaufen und durch einen bundesweiten Maßnahmenkatalog ersetzt werden. Den Bundesländern wird dabei die Möglichkeit genommen, flächendeckende Schließungen anzuordnen, um neue Infektionen zu verhindern.
Marx nannte die Lage „sehr, sehr beunruhigend“. Das heiße noch nicht, dass Patienten nicht mehr versorgt werden könnten, aber in einigen Regionen seien die Kliniken am Limit, erklärte er. Auch die damit erzwungene Verschiebung von planbaren Eingriffen sei für die Patientinnen und Patienten sehr belastend und auch für die Ärzteschaft schwer auszuhalten. „Das sind ja keine Schönheitsoperationen“, betonte Marx.
Der DIVI-Präsident rief eindringlich zum Impfen auf, um das Gesundheitssystem zu entlasten. Es sei eindeutig zu sehen, dass die meisten Patienten auf den Intensivstationen Ungeimpfte seien, erklärte er.