Wiesbaden (epd). Frauen übernehmen den größeren Teil der Kinderbetreuung nach Auffassung der Wiesbadenerin Soziologin Mascha Will-Zocholl meist aus wirtschaftlichen Gründen. In Familien mit geringem Einkommen werde die Betreuungsfrage im Vergleich zu Besserverdienenden eher gleichberechtigt beantwortet, sagte die Soziologieprofessorin der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Jedoch nicht, um ein Rollenmodell aufzubrechen, sondern „eher gezwungenermaßen“. Im Vordergrund stehe bei ihnen, dass die Familien „mit dem reduzierten Einkommen überhaupt über die Runden kommen“.
Einkommensverluste würden in finanziell schlecht gestellten Familien meist dadurch minimiert, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeiten nur geringfügig reduzierten. Auch werde oft Unterstützung von Familienangehörigen, Freunden oder Nachbarn in Anspruch genommen, um Mehrausgaben für die Kinderbetreuung zu vermeiden.
Nach dem vor kurzem veröffentlichten Väterreport 2021 des Bundesfamilienministeriums wünschen sich mehr als die Hälfte der Väter (55 Prozent), dass sich Paare die Betreuung der Kinder teilen. Nur jeder vierte Vater sagt aber, dass er und seine Partnerin das auch wirklich tun.
Dass Frauen trotz des sich wandelnden Rollenverständnisses zuhause bleiben, erklärt Will-Zocholl mit wirtschaftlichen Motiven: „Männer verdienen in Paarbeziehungen oft noch immer besser als Frauen. Die Paare müssen deshalb schlicht bereit sein, auf mehr Geld zu verzichten, wenn der Besserverdienende zuhause bleibt“, sagt die Soziologin.
Eine weitere Hürde zur Beantragung von Elternzeit sei, dass Männer oft gegen die Erwartungen ihres Arbeitsumfeldes handeln müssten. „Sie werden beim Beantragen der Elternzeit oft nicht beglückwünscht. Eher begegnen ihnen fragende Blicke oder sogar unterschwellige Drohungen“, sagte die Wiesbadener Professorin.
Es sei wünschenswert, dass sich Väter mehr in der Familie beteiligen. „Es müssen weitere Anreize für Väter und Unternehmen geschaffen werden, sodass Kinderbetreuung künftig noch gleichberechtigter gestaltet werden kann“, fordert Will-Zocholl.