Brandenburg an der Havel (epd). Der NS-Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen ist mit Aussagen einer Ermittlungsbeamtin der Kriminalpolizei fortgesetzt worden. Nach der Auswertung zahlreicher Dokumente und Unterlagen sei davon auszugehen, dass in der Dienstzeit von Josef S. in Sachsenhausen fast 50.000 Menschen ums Leben gekommen seien, darunter 10.936 namentlich bekannte Häftlinge, sagte die Kriminalbeamtin Heike Trautmann von der Polizeidirektion Nord in Neuruppin am Donnerstag am dritten Prozesstag in Brandenburg an der Havel. (AZ: 11 Ks 4/21)
Verschiedene Dokumente aus der Gedenkstätte Sachsenhausen, dem Bundesarchiv und der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen legten nahe, dass Josef S. in der Zeit vom 23. Oktober 1941 bis zum 18. Februar 1945 in Sachsenhausen eingesetzt war, sagte Trautmann. Zu den Verhältnissen in dem KZ seien auch drei Überlebende als Zeugen vernommen worden.
Der 100-jährige Angeklagte hatte sich bei seiner Vernehmung am zweiten Prozesstag am 8. Oktober für unschuldig erklärt. Sachsenhausen sei ihm unbekannt, sagte er in der Gerichtsverhandlung. In der Befragung zu seinem Lebenslauf hatte sich S. zwar zu Kindheit, Armeezeit in Litauen, Kriegsgefangenschaft und der Zeit in der DDR geäußert, jedoch nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, als SS-Wachmann des Konzentrationslagers zwischen 1942 und 1945 Beihilfe zum Mord in mindestens 3.518 Fällen geleistet zu haben.
Das Landgericht Neuruppin hat die Verhandlung auch deshalb nach Brandenburg an der Havel verlegt, damit sie in der Nähe des Wohnortes des Angeklagten geführt werden kann.