Remlingen (epd). Der Streit um den Standort eines Zwischenlagers für die radioaktiven Abfälle, die aus dem maroden Bergwerk Asse II herausgeholt werden sollen, ist noch nicht befriedet. Ein am Montag an das Bundesumweltministerium (BMU) übermittelter Expertenbericht beantworte noch nicht abschließend, ob die Entscheidung des Asse-Betreibers für einen Standort nahe am Bergwerk noch einmal revidiert werden solle, sagte BMU-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Der knapp 100-seitige Bericht enthalte „keine schnellen Antworten“: „Das Thema standortnah oder standortfern muss weiter diskutiert werden.“ Aus seiner Sicht lasse sich aber bereits festhalten, „dass die vorgestellten Ergebnisse wichtige Denkanstöße geben“, fügte Flasbarth hinzu.
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die das Atomlager betreibt, hatte 2020 einen Asse-nahen Zwischenlager-Standort für die radioaktiven Abfälle aus der Asse ausgewählt. Die Entscheidung stieß bei Anwohnern und Bürgerinitiativen auf massive Kritik. Die Asse-2-Begleitgruppe, die in dem komplexen Verfahren um die Stilllegung der Asse die Interessen von Menschen in der Region wahrnimmt, stellte ihre weitere Mitarbeit ein.
Im Februar dieses Jahres verständigten sich die Umweltministerien von Bund und Land Niedersachsen, die BGE sowie die regionale Asse-2-Begleitgruppe darauf, die Standortentscheidung von externen Fachleuten rechtlich und fachlich überprüfen zu lassen. Erstes Ergebnis dieses sogenannten „Beleuchtungsprozesses“ ist das am Montag vorgestellte Papier. Mit der Untersuchung waren die Rechtswissenschaftlerin Sabine Schlacke, der Strahlenschutzexperte Christian Küppers, der Geologe Herbert Bühl und der Sozialwissenschaftler Peter Hocke-Bergler beauftragt worden.
Nach den Worten von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat der Bericht das Verfahren „nicht nur beleuchtet, sondern auch an der ein oder anderen Stelle ausgeleuchtet“. Jetzt gehe es darum, sich intensiv und kritisch mit den Hinweisen des Expertenteams auseinanderzusetzen. Der Bericht werfe viele Fragen auf, die zügig zu klären seien.
„Ich habe große Hoffnung, dass der Beleuchtungsprozess dazu führt, verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen und den derzeit ruhenden Beteiligungsprozess wiederaufleben zu lassen“, erklärte Lies. Am 8. November soll es ein internes Gespräch, am 22. November eine öffentliche Diskussionsveranstaltung zu dem Bericht geben. „Wir müssen sicherstellen, dass die schnelle und sichere Rückholung der Abfälle gewährleistet bleibt“, betonte Lies.
Die Wolfenbütteler Landrätin und Vorsitzende der Asse-2-Begleitgruppe, Christiana Steinbrügge, bewertete den Bericht nach erster Durchsicht positiv. „Ein wesentliches Element des Rückholplans für den Atommüll aus der Schachtanlage Asse II, die Entscheidung der BGE für ein Asse-nahes Zwischenlager, ist durch die Experten nach dem ersten Eindruck sehr ausführlich und differenziert und mit großer Fachkenntnis kritisch beleuchtet worden“, sagte sie.
In das frühere Salzbergwerk Asse II waren zwischen 1967 und 1978 rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll sowie chemischen Abfällen eingelagert worden. Nach Einschätzung der BGE sind mehrere Behälter inzwischen zerstört und die Abfälle ausgetreten. Weil die Grube einzustürzen und voll Wasser zu laufen droht, sollen die Fässer nach Möglichkeit geborgen werden. Die Nachbarschächte Asse 1 und Asse 3 waren schon früher vollgelaufen und aufgegeben worden.
Nach ihrer Rückholung müssen die Asse-Abfälle zunächst zwischengelagert werden, bis eine Endlagerung in einer dafür geeigneten Lagerstätte möglich ist. Das zurzeit von der BGE zum nationalen Endlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle ausgebaute frühere Eisenbergwerk Schacht Konrad in Salzgitter kann die Fässer aus der Asse aus Platzgründen nicht aufnehmen.