London (epd). Friedensforscher haben vor einer Zunahme von Gewalt infolge von ökologischen Krisen und Ressourcenknappheit gewarnt. Es gebe eine wechselseitige Beziehung zwischen Umweltkrisen und Konflikten, erklärte das Institut für Wirtschaft und Frieden am Donnerstag anlässlich der Vorstellung eines Berichts in London. So seien Länder, die mit Wasserknappheit, Überflutungen oder einer Zunahme von Stürmen und Dürren kämpften, häufiger von Konflikten betroffen. Gewalt und Konflikte wiederum verschärften vielerorts die Folgen von ökologischen Krisen. Das zeige sich etwa in Afghanistan, dem Jemen und Burkina Faso.
Mit dem „Ecological Threat Report“ analysiert das internationale Forschungsinstitut, das auch den jährlichen Globalen Friedensindex herausgibt, zum zweiten Mal den Zusammenhang zwischen ökologischen Krisen und Konflikten. Demnach leben 1,26 Milliarden Menschen in Ländern, die aufgrund ihrer schwachen Wirtschaft und Sozialsysteme besonders von Umweltkrisen gefährdet seien. Besonders betroffen seien der Nahe Osten und Nordafrika, Subsahara-Afrika und Südasien. In diesen Regionen gebe es weltweit auch die meisten Konflikte, betonten die Autorinnen und Autoren.
Der Zusammenhang zwischen ökologischen Krisen und Gewalt zeigt sich den Forschern zufolge beispielsweise in Ländern wie Burkina Faso, Mali und Niger. Seit dem Jahr 2007 habe es in der Sahel-Region mehr als 4.500 Terroranschläge mit mehr als 17.000 Toten gegeben. Dabei machten sich islamistische Gruppen auch die Konflikte um knappe Ressourcen wie Wasser und Nahrung zunutze, um Kämpfer zu rekrutieren.
Das am stärksten von Umweltkrisen gefährdete Land ist dem Bericht zufolge Afghanistan, gefolgt von Niger, Madagaskar und Malawi. In elf der 15 am stärksten bedrohten Staaten gebe es überdurchschnittlich viel Gewalt. In vielen weiteren von Dürren, Wasserknappheit oder Stürmen betroffene Länder könnten in naher Zukunft Konflikte ausbrechen. Menschen in Deutschland sind der Studie zufolge im internationalen Vergleich kaum bedroht. Unter allen untersuchten Ländern schneidet Island am besten ab.
Mit Blick auf die Ende Oktober beginnende UN-Klimakonferenz in Glasgow forderte der Direktor des Forschungsinstituts, Steve Killela, die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Konflikte, Wasser- und Nahrungsunsicherheit, Vertreibung, Gesundheit und der Klimawandel hingen zusammen, sagte er. Die ökologischen Krisen von heute müssten angegangen werden, bevor der Klimawandel sie verschärfe.
In ihrem Bericht warnen die Forscherinnen und Forscher auch vor einer Zunahme von Flucht und Migration. Demnach sind im Jahr 2020 bereits 23,1 Millionen Menschen aus Konfliktländern mit einer hohen Anfälligkeit für ökologische Krisen vertrieben worden. Wenn die Zerstörung von Ökosystemen und der Klimawandel voranschritten, könnten Millionen weitere Menschen folgen.
Zur Messung des Risikos von ökologischen Krisen zog das Institut fünf Indikatoren zur Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, Naturkatastrophen, der Temperaturentwicklung und dem Bevölkerungswachstum heran. Dabei berücksichtigten die Forscherinnen und Forscher auch die soziale und wirtschaftliche Lage in den verschiedenen Ländern, die für die Bewältigung von Umweltkrisen wichtig sind. Erfasst wurden 178 Länder mit 99,9 Prozent der Weltbevölkerung.