Genf (epd). Eine unabhängige Untersuchungskommission hat schwere Vorwürfe der sexuellen Ausbeutung gegen Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der UN und anderer Hilfswerke erhoben. Die Mitarbeiter hätten während eines Kriseneinsatzes gegen die Tropenkrankheit Ebola zwischen August 2018 und Juni 2020 in der Demokratischen Republik Kongo vor allem junge Frauen sexuell missbraucht, heißt es in dem am Dienstag in Genf veröffentlichten Abschlussbericht der Kommission.
Die Kommission befragte mehr als 70 Opfer, aber auch Mitarbeiter der WHO, der UN und anderer Hilfsorganisationen. Nach den Aussagen der Betroffenen hätten Mitarbeiter der WHO und anderer Organisationen ihnen Jobs gegen sexuelle Handlungen versprochen. Zudem habe es Fälle von Vergewaltigungen gegeben, Frauen hätten Kinder geboren. Eine abschließende Liste der Opfer und Täter sei noch nicht angefertigt worden.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte: „Das ist ein schwarzer Tag für die WHO.“ Die Taten seien entsetzlich und es werde ernsthafte Konsequenzen für die Verantwortlichen geben. Tedros bat die Opfer um Entschuldigung.
Die meisten Täter aus den Reihen der WHO hätten die Organisation bereits verlassen. Einige andere hätten die WHO verlassen müssen. Tedros sprach von weiteren Ermittlungen. Der WHO-Chef hatte die unabhängige Untersuchungskommission im Oktober 2020 eigesetzt, zuvor waren Medienberichte über die sexuelle Ausbeutung erschienen.
Die Kommission hielt weiter fest, dass sie keine Anhaltspunkte für eine rechtzeitige Unterrichtung der Spitze der Weltgesundheitsorganisation über die sexuelle Ausbeutung gefunden habe. WHO-Generaldirektor Tedros sei nach bisherigen Erkenntnissen nicht individuell, direkt und sofort über die Fälle informiert worden. Bislang könne der WHO-Chef auch nicht für eine fehlerhafte Aufarbeitung der Fälle verantwortlich gemacht werden. Das gelte auch für den WHO-Notfallchef Michael Ryan und die WHO-Regionaldirektorin für Afrika, Matshidiso Moeti.
Allerdings müssten die WHO und die anderen Organisationen grundlegende Reformen und verschärfte Überwachungspraktiken einleiten, um Wiederholungen der Taten zu verhindern. Der Untersuchungskommission stehen die Außenministerin von Niger, Aïchatou Mindaoudou, und die kongolesische Menschenrechtlerin Julienne Lusenge vor.