Schleswig-Holstein will Munitionsbeseitigung im Meer

Schleswig-Holstein will Munitionsbeseitigung im Meer

Kiel (epd). Schleswig-Holstein will Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee beseitigen. „Das ist eine Mammut-Aufgabe. Bund und Länder müssen uns nun helfen, den Einstieg zu schaffen“, sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) am Dienstag bei der ersten „Kiel Munition Clearance Week“. Für die Pilotanlage an der schleswig-holsteinischen Küste, die nach etwa fünf Jahren in Serie gehen soll, sei eine Anschubfinanzierung von 100 Millionen Euro nötig. Insgesamt werde es „einige Milliarden Euro“ kosten, die Meere von Munition zu befreien, sagte Albrecht.

Allein in der deutschen Nord- und Ostsee liegen nach Angaben des Umweltbundesamtes 1,6 Millionen Tonnen Munitionsaltlasten. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder Verklappung versenkt. Albrecht will nun im Bundesrat und bei Bundestagsabgeordneten für das Projekt werben. Auch bei der Europäischen Union hofft er auf Unterstützung. „Ich baue darauf, dass in dieser Sache alle Verantwortung übernehmen.“ Natürlich bräuchten Unternehmen und Wissenschaftler ein paar Jahre Zeit, um die Anlage zu entwickeln. Die Politik dürfe sich allerdings kein weiteres Abwarten mehr leisten.

„Die Zeit drängt“, erklärte auch Jens Greinert vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, der seit acht Jahren über Munition in der Ostsee forscht. Die 75 Jahre alte Munition roste und werde damit immer durchlässiger und fragiler. Das mache die Bergung zunehmend schwieriger. Gleichzeitig belasteten die austretenden Chemikalien die Umwelt. Über Fische gelangten die krebserregenden Substanzen der Munition in die Nahrungskette. In rund 2.000 Wasserproben aus der Ostsee hat sein Team Sprengstoff nachgewiesen.

Jann Wendt, Initiator der „Kiel Munition Clearance Week“, und Gründer des internationalen Munitionskatasters Ammunition Cadastre Sea, betonte den wirtschaftlichen Nutzen einer Pilotanlage für Schleswig-Holstein. Viele andere Länder wie Frankreich, Australien, USA, Kanada und Großbritannien hätten das Problem auch. „Was die Forschung betrifft, sind wir aber am weitesten“, sagte Wendt. „Unsere künftigen Technologien können wir zum Exportschlager machen.“ Seine Vision sei es, die Weltmeere bis zum Jahr 2100 frei von Munitionsaltlasten zu bekommen. Die „Kiel Munition Clearance Week“ ist eine Konferenz mit 550 Teilnehmenden aus 31 Nationen und geht noch bis Freitag.