Frankfurt a.M. (epd). Nur wenige Hartz-IV-Empfänger verschweigen nach Angaben der Bundesregierung Kapitaleinkünfte oder Vermögen und erschleichen sich so zu Unrecht Leistungen aus der staatlichen Grundsicherung. 2020 stellten die Jobcenter in lediglich 945 Fällen fest, dass sie zu viel Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ausgezahlt haben, weil das Vermögen des Leistungsempfängers zu hoch war. Das geht aus einer Antwort des Bundearbeitsministeriums auf Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Über die Zahlen hatte zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ (Dienstag) berichtet.
In den meisten Fällen (93 Prozent) kam es laut Ministerium wegen verschwiegener Einnahmen aus Minijobs oder sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu Überzahlungen. Insgesamt wurden demnach im vergangenen Jahr 680 Euro pro festgestelltem Missbrauchsfall zu viel ausgezahlt.
Beim automatisierten Datenaustausch zwischen den Jobcentern und anderen Behörden wie dem Bundeszentralamt für Steuern sei in 84.280 Fällen festgestellt worden, dass zu viel Geld ausgezahlt worden sei, erklärte die Bundesregierung. Darunter seien 78.382 Fälle gewesen, bei denen Einkommen aus einer bisher nicht bekannten geringfügigen oder versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Überzahlung geführt hätten. Insgesamt werden den Angaben nach 3,9 Millionen Hartz-IV-Empfänger in der Statistik als „erwerbsfähig“ geführt.
In 945 Fällen führten hingegen Kapitalerträge und Vermögen zu Überzahlungen - ein Anteil von lediglich 1,1 Prozent, wie es weiter hieß. Die Gesamtsumme der zu viel bezahlten Auszahlungen habe sich 2020 auf 57,3 Millionen Euro belaufen. Ein Leistungsmissbrauch liegt zum Beispiel vor, wenn Hartz-IV-Bezieher grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben über Nebeneinkommen oder Vermögen machen und dadurch höhere Leistungen kassieren können, als ihnen eigentlich zustehen. Geschieht dies mit Vorsatz, wird der Hartz-IV-Empfänger wegen Betrugs angezeigt.
Der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven Lehmann, erklärte, von großem und flächendeckendem Missbrauch durch Vermögen könne keine Rede sein. Das „Zerrbild von vermögenden Hartz-IV-Empfängern“ habe nichts mit der Realität zu tun. Vielmehr gehe es meist um Menschen, „die arbeiten und selbst Einkommen erwirtschaften wollen“. Wer sich aber etwas hinzuverdiene, „sollte belohnt und nicht bestraft werden“, betonte Lehmann. Er sprach sich dafür aus, „die aufwändige und bürokratische Vermögensprüfung in der Grundsicherung auf den Prüfstand zu stellen“. Die Jobcenter müssten von unsinniger Bürokratie entlastet werden.