Frankfurt a.M. (epd). Nach tagelangem Warten auf dem Mittelmeer hat die „Ocean Viking“ von den italienischen Behörden einen Hafen zugewiesen bekommen. Das Seenotrettungsschiff darf Pozzallo auf Sizilien anlaufen und dort am Sonntag die 549 Flüchtlinge an Bord ausschiffen, wie die Betreiberorganisation SOS Méditerranée mitteilte. Die „Sea-Watch 3“ mit 257 Geretteten erreichte am Samstag bereits den Hafen des sizilianischen Trapani.
„Wir freuen uns, dass wir endlich einen sicheren Hafen haben“, teilte Sea-Watch am Samstag auf Twitter mit. Bevor die Menschen an Land gehen könnten, würden alle Geretteten zunächst auf Covid-19 getestet.
Die Situation an Bord der „Ocean Viking“ hatte sich laut SOS Méditerranée nach sechstägigem Warten zuletzt weiter zugespitzt. Der Gesundheitszustand von drei Schwangeren verschlechtere sich rapide, hieß es. Das medizinische Team sehe mehr und mehr Anzeichen für psychische Probleme bei den Geretteten.
„Diese unmenschlichen Wartezeiten dürfen nicht zur Norm werden“, kritisierte SOS Méditerranée: „Die europäischen Länder müssen dringend einen zuverlässigen Mechanismus für die Ausschiffung schaffen.“
Die Schiffe der zwei Organisationen hatten die Flüchtlinge und Migranten bei mehreren Einsätzen im Mittelmeer gerettet. Von beiden Schiffen waren bereits Überlebende aus gesundheitlichen Gründen evakuiert worden. Auch in der Vergangenheit mussten private Seenotretter nach ihren Einsätzen oft tagelang auf die Zuweisung eines Hafens warten.
Das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Es gibt dort keine staatlich organisierte Seenotrettung für Migranten aus Afrika, die regelmäßig auf der gefährlichen Überfahrt nach Europa in Seenot geraten. Einzig private Organisationen halten mit verschiedenen Schiffen Ausschau nach gefährdeten Menschen. Bislang sind in diesem Jahr laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mindestens 1.195 Menschen ums Leben gekommen.
Menschenrechtler und Seenotrettungsorganisationen demonstrierten am Samstag in zahlreichen deutschen Städten. Die Organisatoren, darunter Pro Asyl, Seebrücke, Sea Eye und Amnesty International, fordern ein europäisches Seenotrettungsprogramm und legale Fluchtwege nach Europa.