Bern, Genf (epd). Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) hat gegen ihren früheren Präsidenten Gottfried Locher schwere Vorwürfe erhoben. Locher habe sich in seiner Amtszeit einer Mitarbeiterin ungebührlich genähert und sie sexuell belästigt, heißt es in einem am Mittwoch in Bern veröffentlichten Bericht.
Laut dem Report, den eine Untersuchungskommission vorlegte, habe Lochers Verhalten gegenüber der Angestellten deren „geistige Integrität in ihrer Persönlichkeit verletzt.“ Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass „die vorgebrachten Vorwürfe der Beschwerdeführerin zulasten des damaligen Präsidenten glaubwürdig sind und dessen Verhalten der EKS, damals Kirchenbund, angerechnet werden kann“.
Teilweise seien die Versäumnisse auf „fehlende Prozesse und Verfahren in der Institution“ zurückzuführen, hieß es weiter. Locher wurde 2011 Präsident des vormaligen Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und trat 2020 von dieser Funktion bei der EKS zurück. Ursache waren die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn, die damals öffentlich als „Grenzüberschreitungen“ bezeichnet wurden.
Kritiker warfen Locher auch unangebrachte Äußerungen zur Sexualität vor. Zudem sei seine Amtsführung durch einen nicht zu akzeptierenden Machtdrang und autoritäres Gehabe geprägt gewesen. Die Untersuchungskommission stützte sich bei Ihrer Bewertung auf eine Anwaltskanzlei, die den Fall Locher durchleuchtet hatte.
Seit 2021 ist die Pfarrerin Rita Famos Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz. Sie ist die erste Frau in diesem Amt.