Bei den großen christlichen Kirchen setzt sich der Trend zum Mitgliederverlust fort, die Zahl der Austritte ist während der Corona-Pandemie jedoch zurückgegangen. 2020 sank die Zahl der Angehörigen der evangelischen Kirche auf rund 20,2 Millionen (2019: 20,7), rund 22,2 Millionen Menschen gehörten der katholischen Kirche an (2019: 22,6), wie aus den am Mittwoch von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz vorgelegten Statistiken hervorgeht.
Der Mitgliederschwund summierte sich bei beiden Kirchen auf rund 884.000 Menschen. 2019 lag die Zahl noch bei 830.000. Dennoch gehören noch etwas mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Bevölkerung einer der beiden großen Kirche an. Hinzu kommen Christen aus orthodoxen oder Freikirchen.
Die Kirchenstatistik 2020 sei erheblich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt, erklärte die Bischofskonferenz. Diese habe sich vielfach auf das kirchliche Leben ausgewirkt. In beiden Kirchen ging die Zahl der Taufen und Trauungen zum Teil erheblich zurück. Gegen den Trend ging auch die Zahl der Kirchenaustritte zurück. Ob die Pandemie-Regeln auch den Kirchenaustritt erschwert haben, kann zurzeit allerdings nicht belegt werden.
Nach den aktuellen Berechnungen aus den 20 evangelischen Landeskirchen auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen traten laut EKD 220.000 Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Die Zahl der Austritte sei damit im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent zurückgegangen, hieß es. Bei den Austritten meldet die Bischofskonferenz ähnliche Zahlen. Aus der katholischen Kirche traten im Jahr 2020 den Angaben zufolge 221.390 Personen aus, ein Minus von 18,8 Prozent im Vergleich zu 2019.
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte: „Jeder Kirchenaustritt bekümmert mich und lässt mich fragen, was wir als Kirche tun können, um Menschen vom guten Sinn der Mitgliedschaft in unserer Kirche zu überzeugen.“ Er freue sich, „dass es uns jetzt wieder zunehmend möglich ist, in den Gemeinden zusammenzukommen und auch viele der Feste, die aufgrund der Pandemie verschoben werden mussten, nachzuholen.“
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing sagte, er empfinde die Statistik der Kirchenaustritte als „schmerzlich für unsere Gemeinschaft“. Er nehme das sehr ernst und wolle sich der Situation offen und ehrlich stellen: „Dazu gehört an allererster Stelle die gründliche Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs.“ Und dazu gehöre die Frage nach Macht und Gewaltenteilung in der Kirche.
Wenn auch der befürchtete große Einbruch bei den Kirchensteuern ausblieb, hat die Corona-Pandemie wie erwartet auch zu einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen geführt. Diese sind laut EKD in der evangelischen Kirche um 5,4 Prozent auf 5,63 Milliarden Euro im Jahr 2020 gesunken. Nach Angaben der Bischofskonferenz wurden 2020 von den kirchensteuerpflichtigen Katholiken im Bundesgebiet insgesamt 6,45 Milliarden Euro Kirchensteuer bezahlt (Vorjahr: 6,76 Milliarden Euro).
Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD hatte zwischen Ende März und Ende Mai dieses Jahres eine bundesweite Online-Umfrage zum Kirchenaustritt durchgeführt. Erste Auswertungen zeigen nach Angaben der EKD, dass nur bei etwa einem Viertel der Befragten konkrete Anlässe für ihre Entscheidung ausschlaggebend gewesen seien. Trotz ihres Austritts sei eine große Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass das Wirken der Kirche einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet. Die detaillierte Auswertung der Studie soll im Herbst veröffentlicht werden.