Genf (epd). Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat die anhaltende Gewalt in der Region Tigray in Äthiopien angeprangert. Alle Parteien des Tigray-Konflikts hätten schwere Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe gegen Zivilisten zu verantworten, erklärte Bachelet am Montag in Genf.
Vor dem UN-Menschenrechtsrat, der seine Sommersitzung begann, listete Bachelet Verbrechen aus der nördlichen Region Äthiopiens auf: Außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Festsetzungen, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Erwachsene sowie Vertreibungen.
Bachelet betonte, dass auch in vielen anderen Teilen Äthiopiens ethnisch motivierte Gewalt herrsche, die zu Fluchtbewegungen führe. In Tigray eskalierten im November 2020 Spannungen zwischen der äthiopischen Zentralregierung in Addis Abeba und der regional regierenden Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) in einen blutigen Konflikt. Unzählige Menschen flohen, schätzungsweise 350.000 sind von einer Hungersnot bedroht.
In die Kämpfe waren Berichten zufolge auch Soldaten aus dem Nachbarland Eritrea auf Seiten der äthiopischen Zentralregierung verwickelt. UN-Hochkommissarin Bachelet sprach von glaubwürdigen Hinweisen, nach denen Soldaten aus Eritrea noch immer in Tigray im Einsatz seien und Menschenrechtsverletzungen verübten.
Unterdessen wurden in weiten Teilen Äthiopiens am Montag die lange verschobenen Parlamentswahlen abgehalten, allerdings nicht in Tigray. Der Streit über die Wahlen hatte maßgeblich mit zur Eskalation des Konflikts zwischen Zentralregierung und Tigray geführt. Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte 2020 alle Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die TPLF-Regionalregierung hatte dennoch im September Wahlen abgehalten, die Abiy für ungültig erklärte.