Deutschland wegen Überschreitung von Stickstoffgrenzwerten verurteilt

Deutschland wegen Überschreitung von Stickstoffgrenzwerten verurteilt

Brüssel, Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Deutschland wegen massiver Überschreitung von Stickstoffdioxid-Grenzwerten in der Luft verurteilt. Von 2010 bis einschließlich 2016 seien die zulässigen Jahreswerte zur Luftqualität in 26 Regionen wie den Ballungsräumen Berlin, Hamburg und Köln „systematisch und anhaltend“ überschritten worden, erklärte der EuGH am Donnerstag in Luxemburg. (AZ: C-635/18)

Für 2016 habe Deutschland für alle 26 Gebiete Werte gemeldet, die zwischen 2,5 Prozent und 105 Prozent über dem Jahresgrenzwert lagen, erläuterte der EuGH. In den Vorjahren sei der Grenzwert etwa in Stuttgart 2010 und 2011 sowie 2010 im Ballungsraum München sogar um etwa 150 Prozent überschritten worden. Ferner seien in Stuttgart und dem Rhein-Main-Gebiet in ähnlichem Ausmaß Stundengrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) überschritten worden.

Die EU-Kommission hatte Deutschland vor dem EuGH verklagt. In Luxemburg hatte die Bundesregierung dem Gericht zufolge geltend gemacht, dass die Überschreitungen vor allem Schuld der Kommission seien - weil diese sich nicht tatkräftig genug für eine Begrenzung der NO2--Emissionen durch Dieselfahrzeuge eingesetzt habe.

Das ließ das Gericht nicht gelten. Zum einen seien Dieselfahrzeuge nicht die einzige Ursache der Emissionen. Davon abgesehen könnten die EU-Regeln für Fahrzeuge die Länder nicht davon befreien, ihre Pflichten aus dem EU-Gesetz zur Luftreinhaltung zu erfüllen.

Deutschland hat laut EuGH nicht nur die Grenzwerte überschritten, sondern auch zu wenig dagegen getan. „Wie sich aus einer detaillierten Prüfung der Akte ergibt, hat Deutschland jedoch offenkundig nicht rechtzeitig geeignete Maßnahmen getroffen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte für NO2 in den 26 in Rede stehenden Gebieten so kurz wie möglich gehalten wird“, erklärte das Gericht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte das Urteil. „Die heutige Entscheidung des EuGH ist eine schallende Ohrfeige für eine Regierungspolitik, die einseitig die Wirtschaftsinteressen betrügerischer Automobilkonzerne bedient und auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger pfeift“, erklärte Geschäftsführer Jürgen Resch.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ging in einem Statement zum Urteil weniger auf dieses selbst ein als auf die Zeit seit 2016. „In Deutschland haben wir in den letzten Jahren viel für die Luftqualität erreicht“, erklärte Schulze. Sie verwies daneben auf Urteile oder laufende Verfahren wegen desselben Themas gegen andere EU-Staaten.