Frankfurt a.M. (epd). Die Organisation Pro Asyl führt die geringe Impfbereitschaft in Flüchtlingsunterkünften auf eine verfehlte Aufnahmepolitik zurück. Die Menschen dort seien vielfach zu spät kontaktiert und nur unzureichend aufgeklärt worden, sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Notwendig seien Informationen in den Herkunftssprachen sowie die Einbindung von Beratungsstellen und Ehrenamtlichen, zu denen die Geflüchteten Vertrauen hätten. Diese Vertrauenspersonen sollten auch die mobilen Corona-Impfteams in die Zentren begleiten, forderte er. Allerdings hätten Ehrenamtliche wegen der Pandemie die Unterkünfte oft nicht aufsuchen dürfen.
Laut einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Bundesländern liegen die Impfquoten in Flüchtlingsunterkünften aktuell zwischen 33 und 50 Prozent. Die mobilen Impfteams berichten demnach über eine relativ große Impfskepsis unter den Bewohnern sowie über Sprachbarrieren und kulturelle Hürden. Die Menschen in den Sammeleinrichtungen gehören laut Impfverordnung zur zweiten Priorisierungsgruppe.
„Die Geflüchteten sind ohnehin bereits in einer psychisch schwierigen Situation“, betonte Burkhardt. „Da ist es noch einmal eine neue Herausforderung zu verstehen, was Corona-Pandemie heißt.“ Flüchtlinge seien wie auch andere Bevölkerungsgruppen, die beengt etwa in Hochhäusern und sozialen Brennpunkten zusammenleben, nachrangig behandelt worden.
In den bisherigen Impfquoten zeige sich , „dass gesundheitspolitisch falsche Prioritäten gesetzt wurden“, sagte er. Pro Asyl habe bereits vor mehr als einem Jahr auf erhöhte Corona-Risiken in Großunterkünften hingewiesen und auf eine dezentrale Unterbringung der Menschen gedrungen. Die Warnungen seien aber in den Wind geschlagen worden.
„Auf Bundesebene wird unverändert an den sogenannten Ankerzentren festgehalten, weil die Illusion herrscht, dass Abschiebungen einfacher sind, wenn die Menschen zentral leben“, erklärte Burkhardt. „Die großen Unterkünfte sind strukturelle Fehler in der Aufnahmepolitik.“ Auch die Probleme beim Impfen seien mit darauf zurückzuführen, dass die Bewohner zu spät in Kontakt mit Initiativen und der Zivilbevölkerung kämen.