Düsseldorf, Köln (epd). Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hat eingeräumt, bei der Aufarbeitung eines früheren, kürzlich bekannt gewordenen Missbrauchsfalls im Erzbistum womöglich Fehler gemacht zu haben. „Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nach wie vor nicht 100 Prozent, was richtig wäre“, sagte Woelki der „Rheinischen Post“ (Montag) über die Beförderung des Pfarrers aus Düsseldorf im Jahr 2017. Ein sexueller Kontakt des Mannes mit einem Minderjährigen war 2001 aktenkundig geworden. Dem Zeitungsbericht zufolge soll der Vorgang jedoch erst 2020 mit der Aussage des Betroffenen belegt worden sein.
„Was tun Sie jetzt als Personalverantwortlicher bei der Entscheidung 16 Jahre später?“, sagte Woelki der Zeitung. „Sagen Sie: 'Das hängt Dir Dein Leben lang an', oder sagen Sie: 'Du hast Reue gezeigt und Besserung gelobt, hast Dir 16 Jahre nichts zu Schulden kommen lassen und hast, wie viele meinten, eine gute Arbeit gemacht. Du bekommst eine zweite Chance?'“, sagte Woelki.
Der Theologe ist mittlerweile beurlaubt. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen wegen Verjährung einstellte, wurde der Fall nach Rom gemeldet und ein kirchenrechtliches Verfahren eröffnet. Wenn sich die Vorwürfe als berechtigt herausstellten, dann treffe ihn das kirchliche Strafrecht, sagte Woelki.
Eine unabhängige Untersuchung solle künftig zeigen, „wo wir weggeschaut und Fehler gemacht haben, wo vertuscht wurde“, erklärte der Kölner Erzbischof. Wie er selbst den Pfarrer persönlich erlebt habe, sei unwichtig. „Haben wir Fehler gemacht? Sind dadurch eventuell weitere Vergehen möglich geworden? Das sind die Fragen, die mich nachdenklich machen“, sagte Woelki.
Der Geistliche war laut dem Gutachten der Kanzlei Gercke-Wollschläger 2001 in Köln von einem obdachlosen und minderjährigen Prostituierten erpresst worden, weil er Sex mit dem Jugendlichen gehabt haben soll. Zudem soll sich laut der Darstellung des im März vorgelegten Rechtsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke ein Mann 2010 bei dem Erzbistum Köln gemeldet und berichtet haben, dass der Pfarrer ihn mehrmals sexuell belästigt habe. In den Jahren 2010 und 2015 gingen darüber hinaus anonyme Schreiben im Erzbistum ein, in denen der Geistliche des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger bezichtigt wurde. Der Beschuldigte stritt diese wie auch die anderen Vorwürfe laut Gutachten ab.